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Interview

Wir müssen mit der Zeit gehen – Ärztemangel in Baden-Württemberg

Dr. Thilo Walker über den Ärztemangel im Land.
Koffer eines Landarztes

"Für unsere Primärversorgung sind außer den Ärzten auch andere Berufsgruppen nötig und diese Wahrheit muss in der Versorgungsstruktur abgebildet sein“, sagt Norbert Knopf (Grüne).

dpa/ Oliver Berg)

Gibt es aktuell schon konkrete Möglichkeiten die ärztliche Versorgung durch Digitalisierung zu sichern?

Dr. Thilo Walker: Ja, die Möglichkeiten gibt es auf jeden Fall, und sie werden aktuell erprobt. Nicht dass Sie mich falsch verstehen, es ist nicht angedacht, die medizinische Versorgung über Digitalisierung sicherzustellen. Es ist unverzichtbar, einen festen Hausarzt zu haben, mit all seinen wichtigen Berufsfunktionen. Die Möglichkeiten die die Digitalisierung uns gibt, sollten nur bestmöglich als Ergänzung genutzt werden.

Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland das Modellprojekt Doc Direkt gestartet.

Man ruft über eine App auf dem Handy eine Telefonnummer an und hat eine Medizinische Fachangestellte am Telefon, die abklärt, was man hat. Dann erhält man einen Rückruf von einem Arzt, der einem gegebenenfalls auch digital ein Rezept ausstellen kann.

Im ländlichen Raum besteht so die Möglichkeit, die Praxen zu entlasten.

Das soll aber nicht als Ersatz, sondern nur als Ergänzung dienen. Einfache Dinge können über ein Digitales System geregelt werden. Hierzu kommt auch das Modellprojekt Gerda, das ein digitales Rezept beinhaltet.

Baden-Württemberg will relativ früh den digitalen Weg mitbeschreiten – als weiteren zusätzlichen Weg, der insgesamt das System entlastet und die Versorgung zu den Leuten bringt. Darauf setzen wir ergänzend.

Das elektronische Rezept und die Fernbehandlung sind mittlerweile in der Regelversorgung angekommen und Baden-Württemberg hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen.

Gibt es spezielle Programme und/oder Förderungen um junge Ärzte aufs Land zu ziehen?

Zum einen gibt es das Förderprogramm „Landärzte“ des Sozialministeriums. Landärzte können sich um einen Zuschuss bewerben, wenn sie sich in einer ländlichen Gemeinde niederlassen, deren hausärztliche Versorgung nicht oder in naher Zukunft nicht mehr gesichert ist. Sie können bis zu 30 000 Euro erhalten.

Für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung ist die Kassenärztliche Vereinigung verantwortlich. Diese muss dafür Sorge tragen, dass die Versorgung gesichert ist. Zur Not muss sie sogar Eigeneinrichtungen betreiben und dementsprechend Ärzte einstellen.

Auch Gemeinden können solche Einrichtungen, mit der Zustimmung der Kassenärztlichen Vereinigung, gründen.

Ergänzend möchte ich erwähnen, dass in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg eine interministerielle Arbeitsgruppe gebildet wurde, die sich unter anderem mit der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum beschäftigt. Hier wurde gemeinsam mit dem Gemeindetag und einzelnen Kommunen ein Modellprojekt ins Leben gerufen, welches über Genossenschaftsmodelle versucht junge Ärzte aufs Land zu ziehen. Das Ganze läuft unter dem Dach des Kabinettsausschusses Ländlicher Raum.

Quelle/Autor: Sarah Thiessen und Nina Heim

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