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Wirtschaft zwischen Sorgen und Gelassenheit wegen Trumps Wahlsieg
Stuttgart. Der Kanzler hat die Vertrauensfrage noch nicht gestellt, und bis zum Amtsantritt von Donald Trump dauert es noch mehr als zwei Monate – doch die politischen Umwälzungen in Berlin und Washington prägen bereits jetzt die Konjunkturerwartungen in Deutschland. Diese haben sich nach der jüngsten Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter Finanzmarktexperten im November eingetrübt.
„Die Konjunkturerwartungen für Deutschland stehen unter dem Eindruck des Trump-Sieges und des Ampel-Aus“, kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach die Ergebnisse. Dem Ausgang der US-Wahlen misst der Mannheimer Volkswirt dabei den deutlich größeren Anteil bei.
USA sind der wichtigste Exportmarkt
Das verwundert angesichts der wirtschaftlichen Verflechtungen Deutschlands und speziell Baden-Württembergs mit den USA nicht. 14,4 Prozent der Exporte aus dem Südwesten gingen im ersten Halbjahr in das Heimatland Trumps. Die Schweiz folgt mit deutlichem Abstand (8,2 Prozent) auf Platz zwei, wie das Statistische Landesamt mitteilt.
Die Exporte in die USA machen nach Angaben des Chefvolkswirts der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) Moritz Kramer rund sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes aus. „Baden-Württemberg wird vom Trumpschen Protektionismus besonders betroffen sein“, erwartet Kramer deshalb.
Doch es gibt auch gelassene Reaktionen aus der heimischen Wirtschaft. „Sollte der künftige US-Präsident neue Restriktionen wie höhere Zölle durchsetzen, müssten und könnten wir damit umgehen“, sagte etwa Harald Marquardt, Chef des gleichnamigen Autozulieferers und Vizepräsident von Südwestmetall, der Südwestpresse.
Wirtschaft befürchtet eine Verlagerung von Investitionen
Und auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hält sich mit Vorab-Kritik an Trump zurück. Er fordert vielmehr den „erfolgreichen Weg der engen politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit weiter gemeinsam mit den USA“ zu gehen. Dafür müsse Deutschland stärker in die Partnerschaft investieren als bisher, fordert Dulger, der im Hauptberuf Mitinhaber von Pro-Minent ist, einem Heidelberger Unternehmen, das auf Dosieranlagen und Wasseraufbereitung spezialisiert ist.
Allerdings könnte Trumps America-First-Strategie negative Auswirkungen auf die Investitionen in Baden-Württemberg haben. Denn manche Verbandsvertreter im Land befürchten, dass Investitionen heimischer Unternehmen eher in den USA getätigt werden, um dort Produktionskapazitäten aufzubauen oder zu erweitern. Denn damit könnten Unternehmen Zollschranken umgehen und als heimische Produzenten in den USA gelten. Die Investitionen gingen dann allerdings wohl hierzulande verloren. Schon heute ist das Verhältnis bei den Investitionen zwischen den USA und Baden-Württemberg alles andere als ausgeglichen. Während baden-württembergische Unternehmen in den USA im Jahr 2022 rund 92,7 Milliarden Euro investiert haben, waren es von US-Firmen im Südwesten nur 5,6 Milliarden Euro.
Ende der Ampel wird fast einhellig begrüßt
Die von Trump erwartete Politik könnte sich zudem nicht nur auf die bilateralen Beziehungen negativ auswirken. „Die wirtschaftspolitischen Entscheidungen und Maßnahmen der USA in Bezug auf andere Länder führen oft auch zu negativen Einflüssen oder Unsicherheiten bei deutschen und regionalen Unternehmen“, gibt der neugewählte Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, Jan Stefan Roell, zu bedenken. Das habe sich in der Vergangenheit etwa bei dem Handelsstreit zwischen den USA und China gezeigt.
Das Ende der rot-grün-gelben Koalition im Bund wurde von der heimischen Wirtschaft fast einhellig begrüßt. Sie hofft, dass nun von einer neuen Regierung die richtigen Weichenstellungen für einen Aufschwung getroffen werden.