Wirtschaft warnt vor gewaltiger Stromlücke
Stuttgart . Die Nachfrage nach Strom wird in der Region Stuttgart in den kommenden Jahren stark steigen, ohne dass der Bedarf auch nur annähernd durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann. Der Haupttreiber für diesen Anstieg ist die Industrie, die ihre Dekarbonisierung hauptsächlich durch Elektrifizierung erreichen muss, um Öl und Gas zu ersetzen. Das zeigt eine Studie, die das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) im Auftrag des Baden-Württembergischen Industrie und Handelskammertags (BWIHK) erstellt hat.
Aktuelle Ausbaustrategie deckt nur ein Viertel des Strombedarfs
Darin prognostizieren die Forscher einen gewaltigen Anstieg der Stromnachfrage: von heute 13,8 Terawattstunden (TWh im Jahr 2021) auf 25 bis 36 TWh im Klimaneutralitätsjahr 2040. Nach aktueller politischer Zielsetzung könnten aber nur 9,6 TWh zur Verfügung gestellt werden, so die Forscher. Daraus ergibt sich in der Zukunft eine Lücke von 15 bis 27 TWh, die durch Importe ausgeglichen werden müsste – bei hohen Mehrkosten. Das gesamte Land Baden-Württemberg wäre selbst bei einer Vervierfachung der heutigen Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf Stromimporte von bis zu 67 Terawattstunden pro Jahr angewiesen.
„Es ist aber auch klar, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um die Energieversorgung sicherzustellen und die Potenziale für erneuerbare Energien auszuschöpfen“, sagt Susanne Herre, die Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart. „Als Region sollten wir dabei ambitioniert mit dem Ausbau der nötigen Infrastruktur vorangehen.“
Große Potenziale im Ausbau der Photovoltaik
Große Potenziale sehen die Forscher im Ausbau der Photovoltaik. So sind laut der Studie 78 Prozent der Dachflächen in der Region Stuttgart für PV-Anlagen geeignet. Gleiches gelte für Parkplatzüberdachungen, bei denen noch deutlich Luft nach oben sei. Die stärkere Nutzung dieser Potenziale hält Herre für eine große Chance. „Es handelt sich dabei um Flächen, die ohnehin versiegelt sind“, sagt sie. „Sie für die Energieerzeugung zu nutzen, macht daher nicht nur Sinn, sondern kann auch ein klassisches Win-win werden, etwa durch die damit einhergehende Verschattung von Parkflächen.“
Neben dem Ausbau sollten auch die politischen Ziele angepasst werden, um die regionalen Rahmenbedingungen zu verbessern. Die Studie zeigt, dass nach aktueller politischer Zielsetzung nur ein Viertel der Stromnachfrage abgedeckt werden kann. Werde dagegen das schlummernde Potenzial abgerufen, ließe sich die Stromnachfrage fast komplett abdecken. „Der Netzausbau ist der Grundbaustein, die Speicherung der erzeugten Energie der Zement. Darüber hinaus benötigen wir Akzeptanz und Raum, um diese komplexe Aufgabe zu bewältigen“, so Herre. Die Umsetzung hänge jedoch stark von der Bereitschaft ab, die entsprechenden Flächen zu nutzen. Aktuell sei die Region noch von Stromlieferungen aus Regionen mit geringerer Bevölkerungs- und Wirtschaftsdichte abhängig.
Die Studie finden Sie unter: