Wirtschaft kritisiert Wohnungsbaupolitik des Landes scharf
Stuttgart. Der Absturz im Wohnungsbau ist eindrucksvoll. Allein im Oktober wurden weit über 40 Prozent weniger Wohnungen zum Bau freigegeben als noch vor einem Jahr. Das spüren die Bauunternehmen. Der Auftragseinbruch liegt bei über 20 Prozent. Erste Insolvenzen zeichnen sich ab.
Bauministerin Nicole Razavi (CDU) hatte daher Anfang November zu einem Krisengespräch Bau eingeladen. Ziel war es, das 14-Punkte-Programm der Bundesregierung um landesspezifische Maßnahmen zu ergänzen. Eine gemeinsame Resolution, die Maßnahmen aufzeigt, sollte Land und Wirtschaft zusammenbringen.
Doch der Entwurf des Ministeriums sorgt für Unmut. „Unsere Änderungsvorschläge bleiben unberücksichtigt. Wir werden das nicht unterzeichnen“, sagt Thomas Möller, der Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Auch die Architektenkammer, Handwerk BW , Genossenschaftsverband, Sparkassenverband, Haus und Grund, die Verbände der Immobilien und Wohnungsunternehmen wollen ihrer Unterschrift nicht unter das Papier zu setzen, berichtet der Verband.
Wirtschaftsverbände fordern, die Grunderwerbsteuer auszusetzen
„Priorität haben aus unserer Sicht die Aussetzung der Grunderwerbsteuer sowie die Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur Ankurbelung des sozialen Wohnungsbaus“, sagt Möller. Doch genau da zieht man im Ministerium nicht mit.
Das dafür nötige Geld könne man nicht einfach in einem laufenden Doppelhaushalt mal kurz beschließen, sagt ein Sprecher von Wohnungsbauministerin Razavi . Für die soziale Wohnraumförderung habe man bereits mehr Geld zur Verfügung gestellt. Für eine Senkung oder Aussetzung der Grunderwerbssteuer hätten andere Ministerien in der Landesregierung andere Prioritäten, ganz vorne das Finanzministerium.
Standards beim Bauen senken, um Bauvorhaben zu erleichtern
Das Wohnungsministerium will daher die Standards beim Bauen senken, um Bauvorhaben zu erleichtern und zu beschleunigen, um auf diesem Wege das Bauen attraktiver und günstiger zu machen. Eine Reform der Landesbauordnung (LBO) ist bereits in der Ressortabstimmung unter den Ministerien und soll schnell in den Landtag eingebracht werden.
„Im Land tun wir alles, was in unserer Macht steht: Mit dem Virtuellen Bauamt digitalisieren wir das Baugenehmigungsverfahren und mit einer LBO-Reform machen wir weitreichende Vorschläge zur Vereinfachung und Beschleunigung sowie zum Abbau von Standards im Bauordnungsrecht“, sagte Razavi .
Doch den Verbänden genügt das nicht. „Die Landesbauministerin bleibt bei bloßen Lippenbekenntnissen“, sagt Möller. Dabei spitze sich die Krise im Wohnungsbau drastisch zu. „Wir haben bereits erste Insolvenzen unter unseren Mitgliedsbetrieben zu verzeichnen“, sagt er. „Ich vermute und befürchte, es werden ohne unterstützende Maßnahmen seitens der Politik nicht die letzten bleiben.“