Wieso es sich lohnen kann, seinen Beschäftigten ein Angebot zu machen
Heidelberg . Eigentlich wollte die Winkler AG in Heidelberg schon in den Jahren 2008 oder 2009 eine Kapitalbeteiligung für ihre gut 200 Beschäftigten einführen. Doch die Finanz- und Wirtschaftskrise machte dem mittelständischen Unternehmen, das auf elektrische Beheizungslösungen für die Industrie spezialisiert ist, damals einen Strich durch die Rechnung. Das Management ließ jedoch nicht locker: Seit 2015 läuft das Beteiligungsprogramm und soll weiter ausgebaut werden.
„Wir haben den Wunsch, für alle Mitarbeiter ein Arbeitsumfeld zu schaffen, bei dem sich alle Beteiligten mit dem Unternehmen entwickeln und es mitgestalten können. Wir wollen also ein echtes Mitmach-Unternehmen“, erklärt Markus Medek, Finanzchef und Vorstandsmitglied bei Winkler. „Wir sind überzeugt, dass wir mit der Mitarbeiterbeteiligung das Unternehmen erfolgreich und nachhaltig in die Zukunft führen können.“
Auf die Investition der Mitarbeiter legt der Arbeitgeber noch was drauf
Das Winkler-Management hatte sich anfangs für ein Genussrechte-Modell entschieden. Dabei überlassen die Mitarbeiter dem Unternehmen zeitlich befristet Kapital. Im Gegenzug erhalten sie – je nach Ausgestaltung – einen festen oder variablen Anteil am Gewinn oder einen relativ hohen Zins. Bis zu 360 Euro können die Mitarbeiter in ihr Unternehmen investieren – den gleichen Betrag bekommen sie noch einmal steuer- und sozialversicherungsfrei vom Unternehmen dazu.
Seit 2019 besteht nun die Möglichkeit, sich als Aktionär zu beteiligen. Angestellte erhalten eine Ermäßigung auf den Kurs. Wer schon Genussrechte besaß erhielt bei der Umwandlung in Aktienkapital noch eine zusätzliche Vergünstigung, um den Pioniergeist zu belohnen. Mittlerweile halten mehr als die Hälfte der Beschäftigten Anteile, wobei die einzelnen Beteiligungen von 100 bis 100 000 Euro reichen. „Das stellt einen enormen Vertrauensbeweis unserer Belegschaft dar“, freut sich Medek.
Von Beteiligungsprogrammen profitieren auch die Arbeitgeber, sagt Stefan Fritz, Chef des Beratungsunternehmens Mit-Unternehmer.com in Bamberg. „Mitarbeiter, die am Unternehmen beteiligt werden, sind oft produktiver, handeln kostenbewusster und kundenorientiert und identifizieren sich stärker mit dem Betrieb“, sagt er. Das steigert die Attraktivität als Arbeitgeber und kommt dem Image zugute. „Es kann sich aber auch finanzwirtschaftlich lohnen“, erklärt Fritz. „Abhängig vom gewählten Beteiligungsmodell können die Lohnkosten durch Umwandlung in Kapital sinken, die Eigenkapitalquote steigt, es ist mehr Liquidität im Betrieb und das Kredit-Rating verbessert sich.“
Die Mitarbeiterbeteiligung könnte ab 2024 noch interessanter werden. Denn durch das im November verabschiedete Zukunftsfinanzierungsgesetz wird der Steuerfreibetrag für den geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers angehoben. Mitarbeiter können dann bis zu 2000 Euro pro Kalenderjahr steuerfrei in das Unternehmen investieren. Bislang waren es 1440 Euro. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Beteiligung allen Arbeitnehmern mit mindestens einjähriger Unternehmenszugehörigkeit angeboten wird. Der Freibetrag gilt auch, wenn es sich um eine Entgeltumwandlung handelt. Darauf weist die Wirtschaftskanzlei Gleis Lutz hin.
Zum anderen gibt es Änderungen bei der nachgelagerten Besteuerung. „Derzeit wird die Besteuerung des geldwerten Vorteils, der durch den unentgeltlichen oder verbilligten Bezug von Unternehmensanteilen entsteht, bis zu zwölf Jahre aufgeschoben. In Zukunft sind es 15 Jahre“, so die Experten von Gleis Lutz. Dies soll Unternehmen bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung unterstützen.
Erleichterungen bei der Besteuerung der Beteiligung
Dabei gilt: Erklärt der Arbeitgeber unwiderruflich und freiwillig, dass er die Haftung für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer übernimmt, dann unterliegt nur die spätere Veräußerung der Beteiligung der Besteuerung. Dahinter steckt die sogenannte „Dry-income-Problematik“. Mitarbeiter erhalten Beteiligungen, die im Zeitpunkt der Anteilgewährung prinzipiell sofort versteuert werden müssten. Die Beteiligung generiert zwar ein zusätzliches, zu versteuerndes Einkommen, ist aber nicht mit einem Liquiditätszufluss verbunden. Das Dilemma: Die Mitarbeiter müssten Steuern auf einen Gewinn zahlen, der in Wirklichkeit keine reale Liquidität darstellt. Daher löst erst der Tatbestand „Verkauf“ eine Besteuerung aus. Selbst wenn der Verkauf später als 15 Jahre nach Erwerb des Anteils oder nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erfolgt.