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Windkraftverband fordert Abbau von Hürden
Böblingen. Vor einem Jahr herrschte Aufbruchstimmung in der Windenergiebranche. Die Task Force für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg hatte ihre Arbeit abgeschlossen. Planungs- und Genehmigungsprozesse für Windkraftanlagen sollten einfacher und schneller werden. Die Flächenkulisse wurde weiter geöffnet. Die Regionalverbände planen Windkraftstandorte. Immerhin sollen mindestens 1,8 Prozent der Landesfläche für die Windkraft zur Verfügung stehen. Der politische Wille, die erneuerbaren Energien und insbesondere auch die Windkraft in Baden-Württemberg auszubauen, war klar kommuniziert worden.
Inzwischen macht sich in der Windbranche eine gewisse Ernüchterung breit. Trotz allseitigem Bemühen seien keine ausreichenden Effekte bei der Verkürzung und Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in Baden-Württemberg erkennbar, heißt es beim jährlichen Windbranchentag in Böblingen. Zwar gibt es bereits Fälle, in denen Genehmigungsverfahren nur sechs oder sieben Monate dauern, doch häufig seien es doch noch 1,5 bis zwei Jahre, sagt die Landesvorsitzende des Bundesverbands Windenergie (BWE) , Julia Wolf.
160 Anlagen genehmigt, aber noch nicht in Betrieb
Fakt ist: Die Ausbauziele werden weiterhin nicht erreicht. Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) ist allerdings zuversichtlich. Auch wenn im vergangenen Jahr nur 16 Anlagen neu ans Netz gegangen sind, und in diesem Jahr bislang 24 Anlagen genehmigt wurden.
Laut Umweltministerium sind aktuell in Baden-Württemberg 160 Windkraftanlagen genehmigt, aber noch nicht in Betrieb. 171 Anlagen befinden sich im Genehmigungsverfahren und 289 Anlagen wurden als geplante Projekte vorgestellt.
Erneuerbare Energien werden für die Wirtschaft zum Standortfaktor
Gerade für die Wirtschaft werden die erneuerbaren Energien mehr und mehr zum Standortfaktor . Etwa wenn große Automobilkonzerne von ihren Zulieferern eine CO 2 -freie Lieferkette fordern. Gelingt es, den Menschen klar zu machen, dass auch ihr Arbeitsplatz durch Windkraft gesichert wird, fördere das die Akzeptanz bei den Mitarbeitern, ist man beim BWE-Landesverband überzeugt. Wo Wirtschaftsunternehmen sich vor Ort stark machten für den Windkraftausbau, tue sich auch viel. Denn noch sei man nicht auf der Zielgeraden.
Aus Sicht des BWE müssen im Südwesten noch eine Reihe von Hausaufgaben gemacht werden. Etwa bei der Aktualisierung von Handreichungen zu Fledermäusen und Auerwild im Zusammenhang mit der Windkraft. Die Handreichungen zum Auerwild seien ebenso veraltet wie die zu den Fledermäusen. Was auch den Ausbau der Windkraft behindere. So sei wegen des Auerwilds derzeit im Nordschwarzwald kaum Windenergie möglich. Auch müsste das Land die vom Bund geschaffenen Spielräume beim Artenschutz konsequent nutzen, fordert der BWE
Doppelprüfungen verzögern und verteuern den Windkraftausbau
Auch Doppelprüfungen verzögerten und verteuerten den Windkraftausbau. Einheitliche Textbausteine für alle Genehmigungsbehörden könnten die Verfahren ebenfalls beschleunigen. Noch formuliere jede Behörde ihre Genehmigungstexte selbst. Erste Schritte in diese Richtung hat das Umweltministerium nun mit seiner Wissensplattform gemacht. Zugleich gelte es, da sich fachliche Anforderungen und rechtliche Vorgaben im Laufe eines Genehmigungsverfahrens häufig änderten, in solchen Fällen zügig verbindliche Vollzugshilfen und Leitfäden bereitzustellen, damit alle Beteiligten schnell Klarheit hätten, wie die Änderungen konkret umzusetzen seien.
Ein weiteres Problem sei die Synchronisierung des Ausbaus der Erneuerbaren und des Netzausbaus, so Wolf. So sei es oft nicht einfach, einen Windpark oder eine Windkraftanlage auch ans Netz anzuschließen. Vorgeschlagen wird auch eine landesweite Austauschplattform, um das Nutzen von Synergien zwischen kommunalen Planungen, Projektplanungen von erneuerbaren Energieanlagen und Netzausbauprojekten zu ermöglichen. Auch müsse mit einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit zur Akzeptanzförderung beim Netzausbau beigetragen werden.
Auch kommunen profitieren finanziell von der Windkraft
Zugleich fordert der BWE, dass die im Regionalplan ausgewiesenen Vorrangflächen für Windenergieanlagen auf den windhöffigsten und schnell erschließbaren Flächen ausgewiesen werden. Entgegenstehende Belange sollten auf diesen Flächeneine klar untergeordnete Rolle spielen, damit möglichst schnell neue Windparks entstehen könnten.
Das Land hat sich das Ziel gesetzt bis 2040 klimaneutral zu sein, fünf Jahre früher als der Bund und zehn Jahre früher als die EU. Und dazu gehört auch der entsprechende Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere auch der Windkraft. Zumal gerade auch Kommunen von der Windkraft profitieren können. Nicht allein als Standortfaktor für ihre Wirtschaftsunternehmen, sondern auch durch Einnahmen. Allein die Pachteinnahmen liegen derzeit pro Windrad und Jahr zum Teil im unteren sechsstelligen Bereich. Hinzu kommen im Laufe der Jahre auch noch entsprechende Gewerbesteuereinnahmen.