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Wie man bei Insolvenzen den Dominoeffekt vermeidet
Heidelberg. Die Konjunktur in Deutschland bringt immer mehr Unternehmen in Schieflage. Jedes vierte Unternehmen hierzulande sieht laut einer aktuellen Befragung im Auftrag des Beratungshauses FTI-Andersch in den kommenden Monaten eine Insolvenzwelle auf die eigene Branche zukommen. Knapp jedes zweite befragte Unternehmen bereitet sich gezielt auf mögliche Ausfälle von Kunden und Lieferanten vor.
Dabei liegt der Fokus auf der Sicherung der Lieferkette, dem Aufbau finanzieller Reserven und auch auf möglichen Übernahmen von Mitbewerbern und von bisherigen Partnern. „Es gibt einige Warnsignale, die häufig auf eine Schieflage hindeuten, beispielsweise Lieferprobleme, eine neue Bankverbindung, Sitzverlegung, schlechte Bonität, Wegfall von Skonti-Abzügen und weitere“, erklärt Insolvenzverwalter Jürgen Dernbach von der Wirtschaftskanzlei Tiefenbacher in Heidelberg .
Zwar lag bei der Befragung der Fokus auf größeren Unternehmen. Doch für Klein- und Mittelbetriebe kann die Insolvenz eines Lieferanten oder Kunden oft ein mindestens ebenso herber Schlag sein. Sobald der Geschäftspartner in Schieflage gerät, steigt das Risiko von Forderungsausfällen, Lieferproblemen und unterbrochenen Geschäftsabläufen.
Insolvenzanfechtung kann zu Rückforderungen führen
Besonders heikel wird es, wenn Unternehmen lange auf Zahlungen warten oder bereits Vorausleistungen erbracht haben. Die unter anderem auf Insolvenzrecht spezialisierte Rechtsanwältin Corinna Ruppel aus dem bayerischen Rosenheim warnt: „Eine Kundeninsolvenz kann schnell zu einer Kettenreaktion führen, die am Ende das eigene Unternehmen in die Pleite treibt.“ Das Risiko liegt nicht nur bei offenen Forderungen, sondern auch bei laufenden Verträgen.
Der Insolvenzverwalter hat ein Wahlrecht: Entweder er setzt die bestehenden Verträge fort oder er lehnt sie ab. „Diese Entscheidung kann maßgeblich beeinflussen, wie Unternehmen ihre Forderungen geltend machen können“, erläutert Ruppel. Offene Forderungen sollten geltend gemacht beziehungsweise angemeldet und etwaige Eigentumsvorbehalte an gelieferten Waren geprüft werden.
Ein besonderes Problem stellt die Insolvenzanfechtung dar, bei der ein Insolvenzverwalter bereits gezahlte Beträge zurückfordern kann. Ein prominentes Beispiel ist der Fall des Starkochs Alfons Schuhbeck: Ein Handwerksunternehmen, das für Schuhbeck einen Fußboden restaurierte, erhielt zwar wie vereinbart die Zahlung von über 3500 Euro, musste dieses Geld aber nach elf Monaten wieder zurückzahlen, da das Schuhbeck-Unternehmen in Insolvenz geriet. Eine bittere Pille für den Handwerker. Doch die Rückforderung durch den Insolvenzverwalter ist gesetzlich vorgesehen und dient dazu, die Insolvenzmasse für alle Gläubiger zu vergrößern.
Die Insolvenz eines Lieferanten birgt andere Risiken. Hier geht es oft um die Frage der Versorgungssicherheit. Fallen wichtige Materialien oder Komponenten aus, kann die eigene Produktion ins Stocken geraten. Unternehmen sollten daher schnell reagieren und sich Klarheit über die Zukunft des insolventen Lieferanten verschaffen.
„Das oberste Ziel muss sein, den Geschäftsbetrieb möglichst aufrechtzuerhalten“, betont Ruppel. In vielen Fällen ist es ratsam, mit dem Insolvenzverwalter in Kontakt zu treten, die Situation zu analysieren und gegebenenfalls neue Liefervereinbarungen zu verhandeln.
Geschäftspartner regelmäßig auf Bonität prüfen
Die Insolvenz eines Geschäftspartners kann also existenzbedrohende Konsequenzen nach sich ziehen. Besonders, wenn Unternehmen auf wenige Abnehmer oder Lieferanten angewiesen sind, kann ein Zahlungsausfall oder Lieferstopp schnell zur eigenen wirtschaftlichen Schieflage führen. Prävention und schnelle Reaktion sind daher sehr bedeutsam.
Regelmäßige Bonitätsprüfungen der Geschäftspartner und ein konsequentes Risikomanagement sind essenziell. Unternehmen sollten zudem Verträge entsprechend gestalten und Eigentumsvorbehalte oder Sicherungsrechte vereinbaren.
Verschiedene Instrumente zur Absicherung
Unternehmen können verschiedene Sicherungsrechte vereinbaren, um sich bei einer Kundeninsolvenz besser abzusichern. Ein gängiger Weg ist der Eigentumsvorbehalt, bei dem die Ware bis zur vollständigen Bezahlung im Eigentum des Lieferanten bleibt. Alternativ kann eine Sicherungsübereignung vereinbart werden, wodurch das Eigentum an bestimmten Vermögensgegenständen auf den Lieferanten übergeht, der Kunde sie aber weiter nutzen darf. Pfandrechte und Forderungsabtretungen können ebenfalls die Risiken minimieren.