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Wann das Gehalt weiter gezahlt werden muss
STUTTGART. Annahmeverzugslohn − das ist ein heikles Thema,mit dem so mancher Arbeitgeber schon Bekanntschaft gemacht hat, als er einen Mitarbeiter kündigen wollte. Gemeint ist damit nämlich der Lohn, den ein Arbeitgeber zahlen muss, wenn er die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers nach einer unwirksamen Kündigung nicht annimmt. Dies soll Arbeitnehmer vor finanziellen Einbußen bei ungerechtfertigten Entlassungen schützen.
Wird eine Kündigung vom Arbeitsgericht im Nachhinein als unwirksam erklärt, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Und es bestand auch die ganze Zeit zwischen der Kündigung und der Entscheidung der Arbeitsrichter über fort. Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf den Lohn, den er bei Beschäftigung erhalten hätte, inklusive Überstunden und Prämien.
Dauerbrenner in der arbeitsgerichtlichen Praxis
Allerdings: Erzielt der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs anderweitig Einkommen, wird dieses auf den Annahmeverzugslohn angerechnet. „Anrechnen lassen muss sich der Arbeitnehmer ferner auch, was zu erwerben er derweil böswillig unterlassen hat“, erklärt Marius Brockfeld, Rechtsanwalt bei der Arbeitsrechtskanzlei Kliemt. Das bedeutet: Der Arbeitnehmer hätte Gelegenheit gehabt, Geld durch Arbeit zu verdienen, hat es aber nicht getan.
„Die Anrechnung böswilligen Unterlassens ein Dauerbrenner in der arbeitsgerichtlichen Praxis“, sagt Brockfeld. Denn hier komme es stets auf eine Gesamtabwägung der beiderseitigen Interessen an − unter Bewertung aller Umstände des konkreten Falls. Dies sei rechtlich keine triviale Sache. Das Bundesarbeitsgericht habe nun aber mit seinem Urteil vom 7. Februar (Aktenzeichen 5 AZR 177/23) wichtige und wegweisende Hinweise für den Umgang mit Annahmeverzugslohnansprüchen gegeben, erläutert der Anwalt. Meldet sich der Arbeitnehmer nicht bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend, sei dies klar zu berücksichtigen.
Allerdings kann ein fehlender Hinweis des Arbeitgebers auf die Meldepflicht ebenfalls in der Gesamtabwägung berücksichtigt werden. „Arbeitgeber sollten deshalb die Pflicht zur Arbeitsuchendmeldung in ihre Kündigungsschreiben aufnehmen“, rät Brockfeld.
Arbeitgeber kann konkrete Stellenangebote weitergeben
Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer auch selbst konkrete anderweitige Arbeitsangebote weiterleiten. Das kann ebenfalls in der arbeitsrechtlichen Bewertung berücksichtigt werden. Ein allgemeiner Verweis auf gute Chancen am Arbeitsmarkt ist indes irrelevant
Das Bundesarbeitsgericht habe zudem klargestellt, dass der Arbeitnehmer nicht generell nur einfach Jobangebote der Arbeitsagentur abwarten darf, sondern sich grundsätzlich selbst um eine neue Stelle bemühen müsse. Er müsse dafür allerdings nicht seine gesamte Zeit aufwenden.