Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Vorkämpferin für das lebenslange Lernen
Stuttgart. Es ist ein Thema, das Martina Musati ihr ganzes Berufsleben begleitet hat. „Berufliche Weiterbildung ist meine Homebase – das waren und sind meine beruflichen Wurzeln“, sagt die 58-Jährige, die seit 1. Februar an der Spitze der Regionaldirektion der BA im Südwesten steht. In der nächsten Zeit wird sie dieses Thema auch in ihrer neuen Funktion stark beschäftigen.
„Lernen muss zu unserer DNA gehören“
Denn in Umschulung und Fortbildung sieht Musati einen wesentlichen Schlüssel, um Menschen, die etwa durch den Strukturwandel in der Autoindustrie vom Verbrenner zum E-Auto ihren angestammten Job verlieren, neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion, so der offizielle Titel, ist sich sicher, dass die Zeiten, in denen man sein ganzes Leben lang beim selben Arbeitgeber bleibt, vorbei sind. Die gebürtige Ulmerin, die immer noch in ihrer Heimatstadt lebt, hat selbst jedoch genau das getan. Seit Beginn ihrer Karriere 1987 arbeitet sie bei der Bundesagentur für Arbeit, die damals noch Bundesanstalt hieß.
Sie ist jedoch selbst ein Vorbild für das von ihr propagierte lebenslange Lernen: Inzwischen hat sie drei Studiengänge erfolgreich abgeschlossen, die letzten beiden berufsbegleitend und den dritten, als sie die 50 schon überschritten hatte. Ihrer Karriere in der BA war das durchaus förderlich, doch das sei nicht die alleinige Motivation gewesen. „Ich war immer neugierig auf Neues“, sagt sie.
Berufliche Weiterbildung wurde stark ausgebaut
Sie wirbt dafür, dass die Bereitschaft, sich fortzubilden, zur Normalität wird. „Lernen muss zu unserer DNA gehören“, betont sie. In Sachen Weiterbildung gebe es aber sowohl bei Arbeitnehmern wie auch bei manchen Arbeitgebern noch Nachholbedarf. So seien niedrigschwellige Angebote wichtig, um Menschen, die bisher in der Bildung eher negative Erfahrungen gemacht haben, den Zugang zu erleichtern.
In den Arbeitsagenturen im Land sei das Thema schon lange wichtig und werde es auch bleiben. Seit Inkrafttreten des Qualifizierungschancengesetzes zum Jahresbeginn 2019 stieg die Zahl der Fördermaßnahmen in diesem Bereich in Baden-Württemberg bis Ende letzten Jahres um 60 Prozent. Musati erwartet, dass 2024 ausreichend Mittel für die Förderung der berufliche Weiterbildung im Land vorhanden sind – trotz der Haushaltsprobleme des Bundes.
In Gebieten, in denen Umstrukturierungen in größerem Umfang bevorstehen, setzt Musati auf die regionalen Arbeitsmarkt-Bündnisse, in denen Arbeitgeber, Gewerkschaften, Arbeitsagenturen, Politik und weitere Akteure vertreten sind. Es gebe eine große Chance, die Probleme gemeinsam und frühzeitig anzugehen. Denn durch den Strukturwandel entstünden auch neue Arbeitsplätze. Betroffene müssten aber auch bereit sein, sich mit 40 oder 45 für einen neuen Beruf zu entscheiden.
Zweite Rückkehr nach Stuttgart für Martina Musati
Für die 58-Jährige ist ihr neuer Job auch eine Rückkehr. Schon zu Beginn ihrer Karriere in der BA war sie in Stuttgart tätig, und dann noch einmal von 2015 bis 2021. Da war sie als Geschäftsführerin operativ die Stellvertreterin ihres Vorgängers Christian Rauch. Mit dem Arbeitsmarkt im Land ist sie also bestens vertraut. Im operativen Geschäft will sie auf Kontinuität setzen.
Auf dem Arbeitsmarkt sieht Martina Musati aktuell aber noch eine Reihe weiterer Herausforderungen neben der beruflichen Weiterbildung. Dazu zählt sie den Übergang von der Schule in den Beruf. Es müssten noch mehr junge Menschen in die berufliche Ausbildungen gebracht werden, weil das Risiko, arbeitslos zu werden, ohne Ausbildung um ein Mehrfaches höher sei als mit. Dabei solle der Fokus auf Menschen mit Unterstützungsbedarf gelegt werden.
Langzeitarbeitslosigkeit durch Corona-Krise stark gestiegen
Angehen will Musati mit ihrem Team auch die Langzeitarbeitslosigkeit. Denn die Zahl der Betroffenen sei durch die Corona-Krise von rund 50 000 auf aktuell 77 000 gestiegen.
Verbessert werden müsse zudem die Integration vom Migranten in den Arbeitsmarkt. Das betreffe Baden-Württemberg in besonderem Maß, weil im Land besonders viele ukrainische Flüchtlinge lebten.
Und auch der Fachkräftemangel beschäftigt die Arbeitsmarktexperten weiter, trotz der erwarteten steigenden Arbeitslosenzahlen. Neben Umschulung und Qualifizierung brauche das Land Zuwanderung und müsse die Abwanderung bremsen, sagt Musati. In Sachen Zuwanderung erwartet sie durch die Chancenkarte, die ab Juni gilt, einen Schub.