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Tarifgespräche

Verhandlungen in stürmischen Zeiten für die Metallindustrie

Am 11. September beginnen die Tarifgespräche zwischen Südwestmetall und der IG Metall. Der Tarifabschluss der beiden Kontrahenten hat in der Regel bundesweit Signalwirkung für andere Branchen. Wieder einmal müssen die Verhandler hohe Klippen umschiffen, wenn sie zum Erfolg kommen wollen.

3,2 Millionen Menschen arbeiten in der Metallindustrie, etwa jeder Dritte davon im Südwesten. Die Tarifgespräche haben eine große Breitenwirkung.

dpa/Patrick Pleul)

Stuttgart . „Bei den Unternehmen fehlt es schlichtweg an Investitionsbereitschaft“, sagt Dietrich Birk. Der Geschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA Baden-Württemberg sieht die Lage der Betriebe kritisch. Der Auftragseingang ist rückläufig und Besserung ist nicht in Sicht.

Selbst Weltmarktführer wie der Laserspezialist Trumpf in Ditzingen müssen die Reißleine ziehen. Mehr als 1000 Beschäftigten wird im Laufe des Jahres das Gehalt um zehn Prozent gekürzt. Noch heftiger ist die Lage bei ZF. Der Automobilzulieferer aus Friedrichshafen will 14 000 Stellen streichen. Betroffen ist jeder vierte Arbeitsplatz des Konzerns in Deutschland. Ob der Batteriehersteller Varta vor der Pleite gerettet werden kann, bleibt unsicher. Beim Autositzproduzenten Recaro war Ende Juli alles zu spät.

In Baden-Württemberg entstehen traditionell die Pilotabschlüsse

Das sind drastische Vorzeichen, unter denen die Arbeitgeber von Südwestmetall und IG Metall am 11. September in Kornwestheim aufeinandertreffen. In ganz Deutschland dürfte die diesjährige Tarifrunde aufmerksam verfolgt werden. Denn in Baden-Württemberg entstehen traditionell die Pilotabschlüsse für die gesamte Metall- und Elektroindustrie. Der Grund: Von den 3,2 Millionen Metallern arbeitet etwa jeder Dritte im Südwesten. Aber nicht nur das: Die Verhandlungsergebnisse setzen häufig Maßstäbe für andere Branchen.

Sieben Prozent mehr Geld fordert die Gewerkschaft. „Die Beschäftigten brauchen einen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten“, argumentiert Barbara Resch, die seit März die IG Metall in Baden-Württemberg anführt. Die Basis hat diesem Ansinnen im Frühjahr noch begeistert zugejubelt. Nach den Sommerferien dürften jedoch vor allem in kleineren Betrieben sichere Arbeitsplätze mehr in den Fokus rücken als ein Aufschlag in der Lohntüte. Dem stehen die Metaller von Mercedes, Porsche und Audi gegenüber. Deren Arbeitgeber spüren die Krise zwar auch, doch sie verdienen weiter bombig. Das weckt Begehrlichkeiten.

Die neue Gewerkschaftschefin Resch muss also aufpassen, dass das Tarifergebnis die Mitglieder nicht spaltet. Schon ihr Vorgänger Roman Zitzelsberger hatte 2022 seine Mühe, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu kriegen. Seinerzeit galt die Tarifrunde als besonders knifflig, denn so manches Unternehmen hatte die Einbußen aus der Pandemie noch nicht verdaut. Andererseits hatte der Maschinenbau noch volle Auftragsbücher und war gut ausgelastet. Auch die Autoindustrie spürte Aufwind.

Davon kann heute keine Rede mehr sein. Die Arbeitgeber pochen daher auf eine Nullrunde. Vor allem die kleineren Mitgliedsunternehmen sagen, dass es nichts zu verteilen gibt. So sind mehr als 80 Prozent der über Tausend, meist mittelständischen Mitgliedsbetriebe des Wirtschaftsverbands industrieller Unternehmen in Baden nicht mehr ausgelastet. Die Bundesagentur für Arbeit in Stuttgart registriert Kurzarbeiterzahlen wie seit Jahren nicht mehr.

Arbeitgeber dürften einen Streik diesmal kaum fürchten

Der Verhandlungsführer von Südwestmetall, Harald Marquardt, ist selbst Chef eines Familienunternehmens in Rietheim-Weilheim bei Tuttlingen. Der gleichnamige Autozulieferer hat viel in Produkte für die E-Mobilität investiert – doch jetzt bleiben die erhofften Aufträge aus. Als Vertreter des Mittelstands hat Marquardt bereits 2022 die Verhandlungen geführt. Ihm gegenüber saß bereits damals Barbara Resch, die als große Tarifexpertin gilt. Man kennt sich also.

Diesmal liegen die Positionen der Verhandler besonders weit auseinander. Und im Gegensatz zu 2022 ist die Auftragsflaute spürbar. Somit besteht für die Arbeitgeber auch kein Grund, einen Streik zu vermeiden. Im Gegenteil: Selbst Konzernen wie Bosch, ZF oder Trumpf käme es gelegen, wenn die Streikkasse der IG Metall ihr Personalbudget entlasten würde.

IG Metall fordert sieben Prozent mehr Lohn

Die IG Metall Baden-Württemberg fordert eine Entgelterhöhung von sieben Prozent. Die Laufzeit des Tarifvertrags für die rund eine Million Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie im Südwesten soll zwölf Monate betragen. Für die Auszubildenden und dual Studierenden fordert die IG Metall 170 Euro mehr. Ausbildungsvergütungen sollen überproportional angehoben werden. Ganz oben auf der Agenda steht für die Gewerkschaft die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Barbara Resch von der IG Metall Baden-Württemberg fordert eine Entgelterhöhung von sieben Prozent.

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