Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Steuerprüfung: Experten raten zur Kooperation
FREIBURG. Am Ende der Betriebsprüfung durch das Finanzamt stand für den Freiburger Friseur, der lieber anonym bleiben möchte, eine Steuernachzahlung − allerdings eine deutlich geringere als zunächst angedroht. Strittig war, was mit mit dem alten Ladeninventar im Nachgang an eine umfassende Renovierung geschehen war. Der Fiskus unterstellte, mangels Entsorgungsnachweis, eine nicht verbuchte Veräußerung gegen Entgelt und wollte dafür Steuern. Der Friseur wies dies zurück. Schließlich konnte der Unternehmer gemeinsam mit seinem Steuerberater in Verhandlungen mit dem Steuerprüfer die Forderung des Finanzamts auf einen Bruchteil senken.
Nimmt man das Beispiel des Freiburger Friseurs ist es nicht erstaunlich, dass viele Unternehmer nervös werden, wenn ihnen eine Prüfungsanordnung zugeht. „Die Sorgen vor Mehraufwand durch viele Nachfragen vor möglichen Hinzuschätzungen und auch Steuernachzahlungen als Ergebnis einer Betriebsprüfung sind groß“, sagt Manfred Holzwarth, Geschäftsführer der Steuerberaterkammer Stuttgart . Doch eine gute Prüfungsvorbereitung könne zur Entspannung beitragen. Wer sich mit Ablauf, Spielregeln und Tücken einer Prüfung auskennt, kann unangenehme Überraschungen vermeiden.“
Finanzamt kündigt Termin zwei Wochen im Voraus an
Angeordnet wird eine Betriebsprüfung vom Finanzamt in der Regel dann, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind. Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe, Branche oder eines besonderen Ereignisses wie einer Umstrukturierung im Fokus stehen, werden häufiger geprüft. Auffälligkeiten in den Steuererklärungen oder Anfragen von Dritten können ebenfalls ein Auslöser sein. Generell gilt, dass Betriebe mit hohen Umsätzen und Gewinnen eher ins Visier des Finanzamts gelangen. Doch auch zufällige Prüfungen ohne Anlass sind nicht auszuschließen.
Das Finanzamt kündigt die Betriebsprüfung schriftlich an, wobei der Prüftermin mindestens zwei Wochen im Voraus mitgeteilt wird. Die Prüfungsanordnung enthält Informationen über den Umfang und den Zeitraum der Prüfung. Bei kleineren Unternehmen wird häufig ein kürzerer Zeitraum überprüft, während bei größeren bis zu drei Jahre rückwirkend geprüft werden können. „Noch bevor der Prüfer eintrifft, sollten alle relevanten Dokumente und Unterlagen sorgfältig geprüft und sortiert werden“, empfiehlt Holzwarth. Unternehmer seien verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen sowie nötigenfalls durch entsprechende Erläuterungen ihre Aufzeichnungen verständlich zu machen und die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse zu unterstützen.
Feindseligkeit kann als Schuldeingeständnis aufgefasst werden
Die Finanzbehörden haben dabei in der Regel direkten Zugriff auf die Datenverarbeitungssysteme des Betriebs. Eine Alternative zum Direktzugriff ist, dass Unternehmen dem Finanzamt alle relevanten Unterlagen digital zur Verfügung stellen.
„Selbst, wenn ein Unternehmer Grund zur Annahme haben, dass in der Buchhaltung zum Beispiel aus Unwissenheit Fehler unterlaufen sind, sollten er dazu beitragen, diese zu klären“, empfiehlt Oliver König, vom Softwarehersteller Sage, der unter anderem Lösungen zur Finanzbuchhaltung anbietet. Man sollte versuchen, den Prüfer nicht als Gegner sehen. „Feindseligkeit ist bei einer Betriebsprüfung völlig fehl am Platz“, meint König. Im schlimmsten Fall führe sie sogar gerade dazu, dass der Beamte jeden Stein zweimal umdreht, weil er das Verhalten als Schuldeingeständnis interpretiert.“
Beim Abschlussgespräch ist Verhandlungsgeschick gefragt
Hilfreich sei eine freundliche, sachliche und offene Atmosphäre. Wer dem Prüfer etwa einen Platz anbietet, wo er ungestört arbeiten kann, aufkommende Fragen schnell beantworte und zeige, dass ihm Transparenz wichtig ist, tue sich einen Gefallen. Auch die Option einer strafbefreienden Selbstanzeige, bevor der Prüfer eintrifft, sollte erwogen werden, wenn dazu Anlass besteht – idealerweise in Absprache l mit einem Steuerberater.
Bei der Abschlussbesprechung schließlich zahlt sich oftmals Verhandlungsgeschick aus. Darauf weist Sascha Besau, Fachanwalt für Steuerrecht bei der Steuerkanzlei Juhn-Partner in Bonn hin. „Dies ist für die betroffenen Unternehmer die letzte Gelegenheit, um bestimmte Aspekte richtigzustellen“, so Besau. Als Argument gegen hohe Nachbesteuerung könne hier unter Umständen die Andeutung helfen, man werde Rechtsmittel einlegen.
Nur relevante Mails müssen herausgegeben werden
Das Finanzamt darf im Rahmen einer Betriebsprüfung die Herausgabe von E-Mails verlangen – aber nicht die generelle Herausgabe aller E-Mails. Die Pflicht zur Herausgabe bezieht sich lediglich auf E-Mails, die als Handels- und Geschäftsbriefe einzustufen sind oder für die Besteuerung sonst relevant sind. Die Entscheidung darüber, welche E-Mails hierunter fallen, obliegt aber dem Steuerpflichtigen. Dies hat das Finanzgericht Hamburg entschieden (Az. 2 K 172/19).