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Sozialauswahl greift auch in kleinen Unternehmen
FRIEDRICHSHAFEN. Nachrichten über Stellenabbau mehren sich. Der Technologiekonzern ZF in Friedrichshafen etwa will in Deutschland die Belegschaft um 14 000 Menschen reduzieren, Kündigungen sind nicht ausgeschlossen. Bei VW sollen laut Medienberichten gar 30 000 Jobs auf der Kippe stehen. Bei betriebsbedingten Kündigungen greift die Pflicht zur Sozialauswahl aufseiten des Arbeitgebers.
Doch diese Bestimmung gilt nicht nur für Konzerne. Alle Betriebe mit Kündigungsschutz, also solche mit mehr als zehn Beschäftigten, sind betroffen. Dabei ist die Sozialauswahl oftmals ein heikler Punkt. Wird dabei ein Fehler gemacht, kann das schnell zu unwirksamen Kündigungen führen, warnt Roman Kies, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Wirtschaftskanzlei CMS mit Sitz in Köln.
Entscheidungsprozess muss genau dokumentiert werden
Die Sozialauswahl legt fest, wer von mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern am wenigsten schutzwürdig ist. Kriterien dafür sind die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten, die ein Arbeitnehmer möglicherweise erfüllen muss, und eine mögliche Schwerbehinderung. Dabei sei es besonders wichtig, die Daten vollständig zu erfassen, betont der Jurist. „Oft fehlen genaue Informationen zu den Sozialdaten der Mitarbeiter, was die Auswahl erschwert und später zu Problemen führen kann“, erklärt Kies.
Ein weiteres Problem stellt für Arbeitgeber häufig die Bildung der Vergleichsgruppen dar. Es können nur die Arbeitnehmer miteinander verglichen werden, die auf derselben Hierarchieebene arbeiten und qualifikationsbezogen austauschbar sind. Arbeitsrechtler Kies betont: „Es ist nicht immer leicht, die richtigen Vergleichsgruppen zu bilden, gerade in komplexen Organisationsstrukturen.“ Dies erfordere oft eine gründliche Prüfung der individuellen Aufgabenbereiche und Qualifikationen durch den Arbeitgeber.
Risiko unwirksamer Kündigungen lässt sich minimieren
Darüber hinaus ist es wichtig, die Auswahlentscheidung auch gut zu dokumentieren. Arbeitgeber sollten jederzeit in der Lage sein, die Entscheidung später vor Gericht nachvollziehbar zu begründen. „Ohne eine ordentliche Dokumentation fällt es schwer, den Prozess nachträglich zu rechtfertigen, vor allem, wenn es zu einer Klage kommt“, warnt Roman Kies.
In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass Arbeitgeber mit der Sozialauswahl überfordert sind, weil es viele kleine Details zu beachten gibt. Doch mit einer sorgfältigen Vorbereitung und klaren Strukturen können Unternehmen nach Einschätzung des Juristen das Risiko einer unwirksamen Kündigung erheblich minimieren. „Wenn die Sozialauswahl von Anfang an richtig angegangen wird, lassen sich spätere rechtliche Probleme meist vermeiden“, fasst Kies zusammen.