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Führungskräfte sollten Mitarbeiter beobachten, ohne sofort zu werten
TITISEE-NEUSTADT. Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist, zu beobachten, ohne zu bewerten. Diese Erkenntnis des indischen Philosophen Krishnamurti Jiddu spielt auch bei der gewaltfreien Kommunikation (GFK) eine wichtige Rolle. Denn beobachten, ohne gleich zu werten, ist eine enorme Hilfe, wenn man als Führungskraft ein anderes Verhalten bei Mitarbeitern bewirken will.
Man kann sich leicht selbst testen: Wie oft sehe ich etwas und habe dabei gleich eine bestimmte Schlussfolgerung gezogen, das Geschehen in eine bestimmte Schublade eingeordnet? Und als Bekräftigung folgt noch eine Pauschalisierung: „Immer kommen Sie zu spät zur Arbeit!“ oder „Nie lassen Sie mich aussprechen in Besprechungen!“.
Ein Werturteil bezieht sich auf Gefühle
Bei der GFK indes werden Beobachtungen stets auf einen Zeitrahmen und einen konkreten Zusammenhang bezogen. Zudem unterscheidet man beim Einordnen zwischen moralischen Urteilen einerseits und Werteurteilen andererseits. Bei moralischen Urteilen, die gute Kommunikation blockieren, wird nur zwischen richtig und falsch unterschieden. Im Gegensatz dazu bezieht sich ein Werteurteil stets auf Gefühle und Bedürfnisse, also darauf, was der Mensch braucht und welcher Wert aktuell eine wichtige Rolle spielt.
Wenn nun bei Kritikgesprächen nicht einfach nur Kritik geäußert wird, sondern zusätzlich die eigenen Wertevorstellungen mitgeteilt werden, erhöht dies die Chance deutlich, dass der Gesprächspartner mit Verständnis reagiert statt mit Rechtfertigung.
Formulierungsbeispiel
Beispiel: Mit einem Mitarbeiter soll das Thema Pünktlichkeit angesprochen werden. Hinter der moralischen Kritik „Sie kommen immer zu spät zur Arbeit!“ oder „Warum kommen Sie immer zu spät zur Arbeit?“ steckt eigentlich das Bedürfnis nach Verlässlichkeit und Vertrauen. Mit diesem Zwischenschritt der Selbstreflexion kann eine Führungskraft anders ansprechen: „Mir ist wichtig, dass ich Ihnen vertrauen und mich voll auf Sie verlassen kann. Wenn ich beobachte, dass Sie in der letzten Woche an drei Tagen nicht um 7 Uhr am Arbeitsplatz waren, mache ich mir Sorgen um die Schichtübergabe und damit auch die Gesamtsituation im Team.“
Quelle/Autor: Ana Schlegel