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Recycling-Branche nimmt das Land in die Pflicht
Filderstadt. Die seit August 2023 gültige Mantelverordnung hatte zwei Hauptziele: So sollte der Einsatz von Ersatzbaustoffen aus Abbruchmaterial nicht nur bundeseinheitlich geregelt, sondern auch im Einklang mit dem Boden- und Grundwasserschutz erleichtert werden. Doch davon ist man in der Praxis, trotz erster Anpassungen, offenbar weit entfernt.
„Von einheitlicher Regelung kann keine Rede sein und von praktikabel können wir nicht sprechen“, urteilte Christa Szenkler, Präsidiumsmitglied des Industrieverbands Steine Erden (Iste) Baden-Württemberg und stellvertretende Vorsitzende der Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe über die Verordnung und deren Umsetzung. Mehrere Bundesländer hätten inzwischen abweichende Regelungen eingeführt und die Baustoffrecycler und die Bauwirtschaft klagten über unklare Bestimmungen für die Verwendung von Ersatzbaustoffen, einen riesigen bürokratischen Aufwand und hohe Kosten für die Überwachung der Güte des Materials, erklärte Szenkler beim Baustoff-Recycling-Tag in Filderstadt.
Ministeriellen Erlass angekündgt
Die Branche plagen im Grunde die gleichen Probleme mit der Verordnung wie vor einem Jahr, kurz nach ihrem Inkrafttreten. So dürfen Ersatzbaustoffe auf 34 Prozent der baden-württembergischen Landesfläche selbst nicht aus den besonders guten Qualitätsklassen zum Straßen- oder Wegebau ohne eine Einzelfallprüfung eingesetzt werden, weil in dies en Regionen abdichtende Bodenschichten fehlen. Doch damit wird die Branche leben müssen, bis der Bund aktiv wird. „Wir sehen keine rechtliche Möglichkeit, dies auf Landesebene zu regeln“, erklärte Umweltstaatssekretär Andre Baumann (Grüne) in Filderstadt. Er könne sich aber vorstellen, dass es einen ministeriellen Erlass geben könne, der für die Einzelfallentscheidungen vor Ort die Richtung vorgebe.
Auf den Bund verwies Baumann auch bei einer Verordnung, die regeln soll, dass Ersatzbaustoffe nicht mehr als Abfall gelten. Bisher hat das Stuttgarter Umweltministerium nur ermöglicht, dass Recycling-Baustoffe der besten Klasse RC-1 nicht mehr als Abfall, sondern als Produkt gelten. Der Iste fordert, dass dies auch für andere Gütek lassen eingeführt werden müsse.
Land will nicht alle RC-Baustoffe als Produkte zulassen
Eine Hintertür für eigene Aktivitäten in dieser Frage ließ Baumann aber offen: „Wenn der Bund nicht in die Puschen kommt, können wir uns vorstellen, das in Baden-Württemberg zu regeln.“ Er sprach sich aber dagegen aus, dies für alle RC-Baustoff-Klassen einzuführen.
Ein weiteres Problem mit der Ersatzbaustoffverordnung räumte das Umweltministerium am Tag der Konferenz ab. Bislang musste beim Einsatz mobiler Brecheranlagen das dort verarbeitete Material stets mit einem besonders ausführlichen Labortest analysiert werden. Doch der ist teuer und dauert bis zu zwei Wochen, was den Einsatz mobiler Anlagen aus Sicht der Abbruchunternehmen unrentabel macht.
Erlass erleichtert den Einsatz mobiler Brecheranlagen
Nun veröffentlichte das Haus von Baumann einen Erlass, wonach beim Einsatz mobiler Anlagen auch ein Kurztest angewendet werden kann, der nur ein Fünftel kostet und in weniger als vier Tagen vorliegt.
Trotz aller Probleme sieht Baumann das Land in Sachen Kreislaufwirtschaft auf dem richtigen Weg. „Wir werden die Recycling-Wirtschaft zum neuen Normal in Baden-Württemberg machen und gleichzeitig die Umweltmedien, wie Wasser und Boden, schützen,“ sagte er.