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Land will Brückeneinsturz wie in Dresden verhindern
Stuttgart. Winfried Hermann hat Anschauungsmaterial mitgebracht: ein Stück von einem verrosteten Stahlträger. Und er macht damit deutlich, wie schnell dieser Stahl korrodieren kann, wenn etwa durch kleine Risse im Beton Wasser in die Brückenkonstruktion eindringen kann.
Der Einsturz der Carolabrücke in Dresden war ein Schock. Auch in Baden-Württemberg gibt es eine Reihe von Brückenkonstruktionen mit gleichartiger Bautechnik und damit auch ähnlichen Risiken. Was da passiert, verdeutlicht der Minister auch noch mal anhand von Bildern der Carolabrücke. Denn das Problem ist, dass die Brücke von außen oftmals gut aussieht, den spannungsrisskorosionsgefährdeten Stahl im Inneren sieht man nicht.
„Wir werden alles tun, damit wir in Baden-Württemberg nicht erleben müssen, was in Dresden passiert ist“, so Hermann. Dazu hat das Land beispielsweise die Intervalle für die Brückenprüfungen verkürzt. Gesetzlich ist eine Hauptuntersuchung alle sechs Jahre vorgesehen, dazwischen gibt es kleinere Untersuchungen. Die Brücken im Land werden deshalb nun alle drei Jahre von den zuständigen Regierungspräsidien einer Hauptuntersuchung unterzogen. Bei Bedarf kommen modernste Diagnoseverfahren wie etwa magnetinduktive Messverfahren zum Einsatz. Wo notwendig, gelten Tempolimits und Lastbeschränkungen. Auch müssen Lkw-Fahrer Mindestabstände einhalten
Verkehrseinschränkungen wird es geben
„Unser Ziel ist es, bis 2030 alle 73 Brücken mit dem anfälligen Spannstahl zu ersetzen“, sagte Hermann an diesem Donnerstag. Doch das werde auch Einschränkungen für den Verkehr mit sich bringen. „Wir sind uns der Auswirkungen vor allem für Unternehmen mit Schwerlasttransporten sehr bewusst“, so der Minister. Doch die Carolabrücke habe „uns allen deutlich vor Augen geführt, dass wir zusätzliche Sicherheit benötigen“. Deshalb wird beispielsweise ein Antrag für Schwertransporte von der zuständigen Verkehrsbehörde nun gemeinsam mit der Brückennachrechnungsstelle geprüft, um sicher zu gehen, dass eine Brücke mit einem entsprechenden Fahrzeug sicher befahren werden kann. Dabei können laut Verkehrsministerium auch Fahrverbote ab bestimmten Gewichtsklassen für einzelne Brücken nötig werden.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Entlang der vier Hauptstrecken für spezielle Großraum- und Schwerlastverkehre gibt es derzeit keine Brücken in Landesaufsicht, in denen spannungsrisskorrosionsgefährdeter Spannstahl verbaut wäre.
Der anfällige Spannstahl wurde bis in die 1970er-Jahre in Spannbetonbrücken verbaut. Die Spannungsrisskorrosion kann dazu führen, dass die Spannstähle plötzlich versagen, ohne dass vorher sichtbare Schäden zu erkennen sind. 73 solcher Brücken gibt es entlang von Landes- und Bundesstraßen. Hinzu kommen weitere an Autobahnen und Kommunalstraßen.
Das Land informiert die Kommunen darüber, wie sie mit solchen Brücken technisch umgehen können. Außerdem gibt es Fördermöglichkeiten für die Kommunen für Brückensanierungen. Anträge sind über das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) im Programmbereich Kommunaler Straßenbau möglich.
Landtag gibt 19 Millionen Euro zusätzlich für Brücken pro Jahr
In dem in dieser Woche im Landtag verabschiedeten Doppelhaushalt sind für die Jahre 2025 und 2026 insgesamt 184 Millionen Euro pro Jahr für Ersatzneubau und Erhaltungsmaßnahmen an Landesstraßen und Landesbrücken eingeplant. Darunter zusätzliche 19 Millionen Euro jährlich, die speziell für die Brücken reserviert sind.
Hermann versprach, die Planung und den Bau von Ersatzbrücken weiter zu beschleunigen. Eine jüngst durchgeführte Sammelausschreibung für 31 Brückenbauprojekte soll die Umsetzung beschleunigen. Acht besonders problematische Brücken, die mit der spannungsrisskorrosionsanfälligen Bautechnik erbaut wurden, sind bereits in dieser Ausschreibung enthalten. Verkehrsminister Hermann weist allerdings auch darauf hin, dass für den Erhalt von Straßen und Brücken in den kommenden Jahren zusätzliche finanzielle Mittel ebenso wie mehr Personal erforderlich sein werden.
Brückenschäden
An Landesstraßen gibt es rund 3300 Brücken, an den Bundesstraßen im Land rund 4000. Sanierungsbedarf gibt es bei etwa jeder zehnten Brücke. Die Brücken im Bundes- und Landesstraßennetz, für die das Land zuständig ist und für die Spannungsrisskorrosionsgefahr besteht, sollen bis 2030 ersetzt werden.
Nicht zuständig ist das Land für die Brücken an Autobahnen und Brücken an kommunalen Straßen. Um Erstere kümmert sich die Autobahngesellschaft des Bundes, um Letztere die jeweilige Kommune.