Land und Nahverkehr suchen nun gemeinsam nach Busfahrern und Lokführern
Stuttgart. Busse werben in Stehpausen an Bushaltestellen statt mit dem Pausenzeichen, mit „Personal gesucht“. Das Land hat gemeinsam mit Bahnunternehmen eine Kampagne gestartet, um Geflüchtete zu Lokführern auszubilden. Und über die Kampagne der Landesmarke bwegt sollen Schüler gezielt auf das Berufsbild Busfahrer und Lokführer angesprochen werden. Das alles ist bislang jedoch nur ein Topfen auf dem heißen Stein. Und auch der vom Land angestoßene Personalpool für Lokführer, mit dem man vor allem kurzfristige Krankheitswellen auf der Schiene ausgleichen wollte, hat nicht zum gewünschten Ergebnis geführt.
Nun wollen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und zahlreiche Nahverkehrsbetreiber ihre Kräfte in einem Bündnis bündeln. Ein gemeinsamer Vertrag dazu wurde unterzeichnet, eine Geschäftsstelle wird beim Verband Baden-Württembergischer Busunternehmen (WBO) eingerichtet, einem der Träger des Bündnisses (siehe Kasten).
Land will den Anteil des ÖPNV verdoppeln, doch es fehlt Personal
Der Druck bei Land, Verbänden und Unternehmen ist groß. Denn ohne qualifiziertes Personal funktioniert die Verkehrswende nicht. Immerhin soll der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs bis 2030 verdoppelt werden, so das Ziel des Landes. Doch die Realität sieht anders aus. Zahlreiche Busunternehmen können sich aufgrund von Personalmangel bereits heute nicht mehr an Ausschreibungen beteiligen. Immer häufiger können Strecken und Taktverdichtungen nicht mehr bedient werden. Das Geld dafür wäre da, doch die Bus- und Lokfahrer fehlen.
Bereits heute sind 20 Prozent der Busfahrerstellen nicht besetzt. Bei den Lokführern ist die Situation ähnlich, wie der Landesvorsitzende des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Alexander Pischon, erklärt. Gleichzeitig werden in der Branche in den kommenden Jahren viele Mitarbeiter in Rente gehen. In drei Arbeitskreisen wollen die Bündnispartner nun die Probleme angehen. Im ersten geht es um die Verbesserung der Sichtbarkeit der Berufe. Das Image soll aufgewertet werden. Dabei geht es nicht allein um Lokführer und Busfahrer, sondern auch um Techniker für die Werkstätten, IT-Fachleute, Mitarbeiter in der Verwaltung und bei der Kundenbetreuung.
Geprüft werden sollen hierzu aktive Werbung an Schulen, um die Ausbildungsberufe im öffentlichen Nahverkehr bekannter zu machen. Es geht um die Ansprache von Frauen und Quereinsteigern, um neue Kommunikationskanäle. Aber auch um eine mögliche Rekrutierung von Fachleuten aus dem Ausland.
Eine weitere Möglichkeit ist auch die Weiterbildung und Berufsqualifikation. So haben nach Angaben von Martina Musati, Leiterin der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit, allein unter den 20- bis 35-Jährigen im Südwesten rund 200 000 keine Berufsausbildung. Auch ein Reservoir für mögliche künftige Fachkräfte.
Der zweite Arbeitskreis befasst sich mit den „Rahmenbedingungen im betrieblichen Umfeld“. Es geht um gute Arbeitsbedingungen und angemessene Bezahlung, aber auch um mögliche Dienst- und Werkswohnungen oder Vorrang bei Kita-Plätzen. Gedacht ist auch an weitere Vergünstigungen, wie etwa die kostenlose Nutzung von Bibliotheken oder Schwimmbädern.
Der dritte Arbeitskreis befasst sich mit den politischen Rahmenbedingungen. „Die Vereinfachung des Erwerbs des Busführerscheins und der Berufskraftfahrerqualifikation sind Maßnahmen, die den Zugang zum Beruf beschleunigen und weitere Zielgruppen erschließen“, sagt WBO-Vizepräsident Franz Schweizer.
Reform der Busfahrerqualifikation gefordert
So mache etwa eine sehr hohe Anzahl an Pflichtstunden den Führerschein sehr teuer. Ein Vorbild ist etwa Vorarlberg in Österreich. Dort sind auch deutlich mehr Frauen als Busfahrerinnen tätig. Möglich macht das ein deutlich einfacher zu erwerbender Busführerschein. Zu einer Reform der Buskraftfahrerqualifikation und einer Verkürzung der Fahrausbildung hatte auch die Landtagsfraktion der CDU vor einem Jahr eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund ist vor allem das Thema gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung wichtig, so die stellvertretende Landesvorsitzende Maren Diebel-Ebers.