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Beschleunig am Bau

Kritik und Lob für den Entwurf der neuen Landesbauordnung

Unter der Überschrift „Schnelleres Bauen“ hat das Kabinett den Entwurf für eine Reform der Landesbauordnung vorgestellt. Aus der Bauwirtschaft Baden-Württemberg kommt überwiegend Zustimmung zu dem 15 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog, der Städtetag und die Architektenkammer beurteilen diesen dagegen eher kritisch. Jürgen Schmidt

Nach dem Entwurf der neuen Landesbauordnung gelten Bauanträge nach Ablauf der gesetzlichen Frist von drei Monaten als genehmigt, wenn die zuständige Baurechtsbehörde bis dahin keine Entscheidung gefällt hat.

IMAGO/Design Pics)

Stuttgart. Baden-Württembergs Bauministerin Nicole Razavi gibt sich kämpferisch und optimistisch, nachdem ihr Entwurf für die Novelle der Landesbauordnung vom grün-schwarzen Kabinett gebilligt wurde: „Die LBO-Reform liefert weitgehende Vorschläge, damit Bauen schneller, einfacher und damit auch günstiger wird. Wir reden nicht über Bürokratieabbau. Wir liefern!“, erklärt die CDU-Politikerin.

Schon seit Monaten bekannt waren die Änderungen für Baugenehmigungsverfahren, denen in der Novelle eine zentrale Bedeutung zukommt. So sieht der Entwurf die Einführung einer Genehmigungsfiktion vor. Das bedeutet, dass für ein Bauvorhaben die Baugenehmigung als erteilt gilt, wenn die Baurechtsbehörde bis zum Ablauf der gesetzlich vorgegebenen Frist von derzeit ein bis drei Monaten nicht entschieden hat.

Architekten fordern Ausdünnung im Baunebenrecht

Gleichzeitig soll das Widerspruchsverfahren bei den Regierungspräsidien, mit dem Bauherren oder Nachbarn Entscheidungen der Baurechtsbehörden überprüfen lassen konnten, abgeschafft werden. Wer gegen eine baurechtliche Entscheidung vorgehen will, muss also sofort vor das Verwaltungsgericht ziehen.

Während Gemeinde- und Landkreistag die geplanten Schritte grundsätzlich befürworten und von „mutigen Schritten“ sprechen, zeigen sich Städtetag und Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW) in in einer gemeinsamen Mitteilung skeptisch, dass die Änderungen wirklich zu einer Beschleunigung führen. Die Beschleunigung sei nur eine scheinbare, wenn Bauvorhaben während der Bauausführung gestoppt werden müssen, weil dagegen geklagt werde.

Aus Sicht von AKBW-Hauptgeschäftsführer Hans Dieterle geht die Novelle das Grundproblem nicht an. „Die Baurechtsbehörden wissen oft nicht, was sie prüfen müssen“, sagt er. Denn diese seien mit 100 Vorschriften im Baunebenrecht konfrontiert, also Verordnungen bis hin zu DIN-Normen, die keinen Gesetzescharakter hätten, aber über die Rechtsprechung häufig diesen Status bekommen. Also werde in einem gewaltigen Ausmaß in den Baugenehmigungsverfahren geprüft und Gutachten eingeholt, „vom Artenschutz über Feuerwehr bis zum Emissionsrecht.“

Dieterle fordert, dieses Problem mit dem Bund und den anderen Bundesländern zu lösen: „Wir würden uns eine Art konzertierte Aktion von Bund und Ländern wünschen, die unübersichtlich vielen Baunebennormen zu sichten und zu lichten mit dem Ziel, einen grundständigen Prüfkanon zu definieren.“ Bauministerin Razavi bescheinigt er in dieser Frage, in ihrer Zeit als Vorsitzende der Bauministerkonferenz „Dinge angestoßen“ zu haben. Das müsse aber nun weiterentwickelt werden.

Baubranche und Kommunen gegen höhere Personalstandards

In der Bauwirtschaft Baden-Württemberg begrüßt man die beiden geplanten Baurechtsänderungen grundsätzlich. Die Genehmigungsfiktion müsse aber in der Praxis auch wirklich umgesetzt werden, sagt der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands, Thomas Möller. So sei es kontraproduktiv, wenn die Baurechtsbehörden kurz vor Ablauf der Frist weitere Unterlagen von den Bauherren anforderten und damit die Frist von vorne beginne.

Beim Verzicht auf das Widerspruchsverfahren rät Möller zum Pragmatismus. „Lass es uns versuchen“, sagt der Bauverbandschef. Aus Sicht der Verwaltungsrichter ist der Verzicht aber der falsche Weg. Eine Abschaffung leiste keinen Beitrag zur Entbürokratisierung, sondern produziere unnötige Gerichtsverfahren, hatten sie im Februar moniert.

Auf wenig Verständnis bei allen Kommunalverbänden und den Verbänden aus dem Bau- und Planungsbereich stößt die geplante neue Vorschrift, dass die unteren Baurechtsbehörden mit „Beamten, die die Befähigung zum höheren bautechnischen Verwaltungsdienst und die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben“, zu besetzen sind. Dies werde dazu führen, dass „kleinere, aber funktionstüchtige und in der Raumschaft anerkannte Genehmigungsbehörden“ in ihrem Bestand infrage gestellt würden, kritisieren Gemeinde- und Landkreistag.

Razavi: Das Gesetz kann voraussichtlich 2025 in Kraft treten

Es gibt aber Bereiche der geplanten Baurechtsreform, die von den Baupraktikern und Kommunalverbänden begrüßt werden. Dazu gehört die Einführung der Typengenehmigung. „Dadurch fällt viel Bürokratie und Aufwand weg“, lobt Möller. Und dass mehr Bauvorhaben künftig verfahrensfrei durchführbar sein sollen, etwa Nutzungsänderungen, um Wohnraum im Innenbereich zu schaffen, wird durchweg gelobt.

Detailliert können sich die Verbände in den kommenden Wochen im Rahmen einer Anhörung zu dem Gesetzentwurf äußern. Bis die Novelle in Kraft tritt, wird es aber noch dauern. Bauministerin Razavi rechnet im Lauf des kommenden Jahres mit der Verabschiedung durch den Landtag.

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