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Unternehmenskommunkation: In Krisenzeiten ist Schweigen nicht Gold

Die deutsche Wirtschaft lahmt - und entsprechend mehren sich die Unternehmenskrisen. Doch außer ökonomischen Schieflagen gibt es noch zahlreiche andere Szenarien, bei denen Betriebe plötzlich unter Druck stehen. Ein wichtiger Faktor, um solche Problemphasen erfolgreich durchzustehen, ist gelungene Krisenkommunikation.

Bei Datendiebstählen sollten Unternehmen, wie auch bei anderen krisenfällen, offen kommunzieren, raten Experten.

IMAGO/imageBROKER/Oleksandr Latkun)

Freiburg. 2017 erschütterte der „Brezelgate-Skandal“ die Freiburger Bäckerbranche und sorgte für Empörung bei so manchem Verbraucher. Auslöser war ein Beitrag in der Badischen Zeitung mit der Überschrift „Freiburger Vorzeigebäcker verkauft schwäbische Tiefkühl-Brezeln“. Der Freiburger Bäcker

Pfeifle bestätigte darauf hin, dass dies tatsächlich der Fall sei. Zwar hatte der Betrieb, der sich selbst gern als besonders regional verwurzelt und auf Handwerkstraditionen bedacht präsentiert, nie etwas anderes behauptet – aber den Sachverhalt eben bis dahin auch nicht aktiv nach außen transparent gemacht.

Auch kleine Betriebe sollten sich auf Krisenfälle vorbereiten

Entsprechend aufgebracht reagierten manche Kunden und Beobachter auf den Medienbericht – vor allem auch auf den sozialen Medien. Für Bäckermeister Wolfgang Pfeifle war schnell klar: Jetzt ist gute Krisenkommunikation entscheidend. Es habe überhaupt keinen Sinn gehabt, angesichts des Shitstorms auf Zeit zu spielen oder die Wahrheit scheibchenweise zu verbreiten, berichtete der Unternehmer später. Stattdessen reagierte er umfassend, schnell und mit größter Offenheit. Pfeifle beantwortete geduldig die kritischen Onlinekommentare und stand Rede und Antwort. So konnte er erklären, was der unternehmerische Hintergrund des Brezel-Zukaufs war und auch deutlich machen, dass die bisherige Intransparenz ein Fehler gewesen war. Die Umsätze seien in den Folgewochen nicht eingebrochen – eher im Gegenteil

Das Beispiel zeigt: Krisenkommunikation ist nicht nur für Konzerne wichtig. Gemeint ist die Kunst, in schwierigen Momenten den richtigen Ton zu treffen. Eine durchdachte Kommunikation kann dabei den Unterschied ausmachen zwischen einem irreparablen Imageschaden und einem gestärkten Vertrauen bei Kunden, Partnern und Mitarbeitern.

Krisen haben dabei viele Gesichter. Angesichts der anhaltend schwachen Konjunktur, dürften in den kommenden Monaten vermehrt Sparzwänge, Stellenabbau und Insolvenzen Anlass dazugeben. Doch auch ein fehlerhaftes Produkt, das Sicherheitsbedenken aufwirft, oder ein Cyberangriff, bei dem sensible Daten entwendet werden, können eine Krise verursachen. In solchen Momenten ist es entscheidend, dass Unternehmen nicht nur schnell, sondern auch bedacht handeln.

Mögliche Krisenszenarien in ruhigen Zeiten durchspielen

Eine gute Vorbereitung ist hierbei das Fundament. Unternehmen sollten bereits in ruhigen Zeiten mögliche Krisenszenarien durchspielen und entsprechende Strategien entwickeln. Dabei sind klare Zuständigkeiten und Handlungspläne unerlässlich. Wie es in einer Mitteilung des Deutschen Mittelstands-Bundes heißt: „Im Krisenfall nichts überstürzen, die Ruhe bewahren und gegebenenfalls auch Kollegen beruhigen.“

Im Ernstfall gilt es, die wichtigsten Personen im Unternehmen unverzüglich zu informieren. Ein Krisenstab, in dem alle relevanten Entscheidungsträger vertreten sind, sorgt dafür, dass Maßnahmen koordiniert und abgestimmt werden. Widersprüchliche Informationen sollten unbedingt vermieden werden, denn sie könnten das Vertrauen weiter erschüttern. Gleichzeitig ist es wichtig, nach außen hin eine einheitliche Stimme zu haben. Wie der Mittelstands-Bund betont: „Es gibt nur ein Gesicht zur Öffentlichkeit.“ Nur so ließen sich Missverständnisse und Widersprüche vermeiden, die das Vertrauen oft weiter schädigen.

Kein-Kommentar-Strategie kann wie Schuldeingeständnis wirken

Offenheit und Ehrlichkeit sind das A und O in der Krisenkommunikation. Mit der Kein-Kommentar-Strategie hingegen riskiert man, als ignorant wahrgenommen zu werden. Schweigen kann auch schnell wie ein Schuldeingeständnis wirken. Michael Blaumoser, Chef des auf Krisenmanagement spezialisierten Beratungsunternehmens Sius-Consulting im brandenburgischen Zeuthen, warnt: „Eine verfehlte Krisenkommunikation kann das Image und die Reputation eines betroffenen Unternehmens maßgeblich und mitunter lang anhaltend schädigen – ebenso wie gar keine Krisenkommunikation sicherzustellen.“ Deshalb sei es wichtig, mit klaren und verständlichen Botschaften die Deutungshoheit zu behalten.

Viele Unternehmen zögern jedoch eher, sich zu äußern – aus Angst vor negativen Reaktionen. Das schafft Raum für Spekulationen. Gerade in Krisenzeiten gilt, aktiv zu kommunizieren und so Vertrauen zu stärken.

Vorgehen sollte langfristig geplant werden

Um im Krisenfall parat zu sein, sollten Unternehmen laufend Kontakte zu Journalisten pflegen und Accounts in sozialen Medien betreiben, etwa auf Facebook oder X. Zudem sollte man planen, wie man bei Bedarf Informationsmaterial zusammenstellen und veröffentlichen kann. Auch einen Krisenstab kann man bereits vorab zusammenstellen – und Aufgaben verteilen. Schließlich sollte schon im Vorfeld klar sein, wer jeweils die allgemeine Öffentlichkeit und wer die Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter und Banken informiert.

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