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Wohnungsbau

Fördertopf für Wohnraumförderung ist leer

580 Millionen Euro hat das Land zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus und der Eigentumsförderung bereitgestellte. Ein Volumen in Rekordhöhe. Doch nun muss die zuständige Ministerin, Nicole Razavi offenbaren: Die Summe der Anträge übersteigt schon nach sechs Monaten die zur Verfügung stehenden Mittel.

Nicole Razavi (CDU), Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, meldet eine hohe Nachfrage nach Mitteln für die soziale Mietwohnraumförderung und die Eigentumsförderung.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart . Bereits vergangene Woche hatte Andrea Lindlohr (Grüne), Staatssekretärin im Bauministerium im Landtag durchscheinen lassen: In Baden-Württemberg können ab sofort keine Anträge auf Wohnbauförderung mehr bewilligt werden. Nun ist es offiziell: „Das Bewilligungsvolumen für das Jahr 2024 in Höhe von 580 Millionen Euro ist bereits jetzt mit Anträgen voll belegt“, gab die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi (CDU) heute bekannt. Trotz eines erneut deutlich erhöhten Bewilligungsvolumens werde es daher auch in diesem Jahr in allen Förderlinien zu längeren Wartezeiten bei der Bewilligung kommen.“

In den beiden Förderlinien, der sozialen Mietwohnraumförderung und in der Eigentumsförderung, können zwar weiterhin Anträge gestellt werden, sagte sie. Diese würden auch von der L-Bank, die das Programm umsetzt, registriert und bearbeitet. Weitere Bewilligungen von neuen und bereits vorliegenden Anträgen würden allerdings voraussichtlich erst im kommenden Haushaltsjahr erfolgen können.

Fördervolumen ist mit 580 Millionen Euro auf historischem Höchststand

Laut Razavi stellen die 580 Millionen Euro, die das Land gemeinsam mit dem Bund in diesem Jahr in Baden-Württemberg in die soziale Wohnraumförderung investiert, einen neuen historischen Höchststand dar. Mit 411 Millionen Euro kommt der Großteil vom Bund. Bislang war 1993 das Jahr, in dem in Baden-Württemberg mit rund 562 Millionen Euro am meisten in die Wohnraumförderung investiert worden war. 2023 waren es – alle noch kurzfristig erfolgten Verstärkungen mit eingerechnet – insgesamt 534 Millionen Euro. Im Jahr 2022 standen für die soziale Wohnraumförderung 427 Millionen Euro zur Verfügung, in den fünf Jahren davor waren es jeweils 250 Millionen Euro. Damit hat sich das Gesamtvolumen seit 2021 mehr als verdoppelt.

Die hohe Nachfrage sei auch darauf zurückzuführen, dass sich die allgemeinen Rahmenbedingungen im frei finanzierten Wohnungsbau durch Preis- und Zinssprünge rapide verschlechtert haben, erklärte die Ministerin. „Mietwohnungsbau ohne staatliche Förderung ist vielerorts offenbar kaum noch rentabel. Deshalb ist das Wohnraumförderprogramm ein wichtiger Anker in stürmischer See und die richtige Antwort in schwierigen Zeiten“, so Razavi.

„Bauen und Sanieren muss einfacher, schneller und digitaler werden“

„Natürlich würde ich mir angesichts der großen Nachfrage wünschen, dass wir noch mehr Geld für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung hätten“, sagte Razavi. Dafür setze sie sich auch ein. „Wir müssen jedoch auch sehen, dass der geförderte Wohnungsbau nur ein kleines Segment des Wohnungsmarkts abdecken kann. Weit über 90 Prozent der neuen Wohnungen werden auf dem freien Markt geschaffen.“

Um also die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu erleichtern, will Razavi Bauen und Sanieren einfacher, schneller und digitaler machen und Vorgaben reduzieren. Sie verwies darauf, dass das Land mit dem Virtuellen Bauamt die Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahren in die Wege geleitet habe. Zudem sei eine Reform der Landesbauordnung geplant, die weitreichende Vorschläge zur Vereinfachung und Beschleunigung sowie zum Abbau von Standards im Baurecht vorsehe.

Bauwirtschaft fordert Investitionen trotz Schuldenbremse

Die Bauwirtschaft im Land drängt schon seit langem auf eine weitere Aufstockung der Fördergelder noch in diesem Jahr. „Nach 2022 und 2023 gibt es nun bereits zum dritten Mal in Folge mitten im Jahr einen Bewilligungsstopp für den sozialen Wohnungsbau – das zeigt überdeutlich die Unterfinanzierung dieses wichtigen Förderbereichs“, kritisiert Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Wie in den Vorjahren müssten Bauinteressenten und Antragsteller erneut lange Wartezeiten in Kauf nehmen, um eine Förderzusage zu erhalten. In Zeiten von Wohnungsknappheit und extrem hohen Mieten setze die Politik damit ein völlig falsches Signal.

DGB Baden-Württemberg fordert, Mittel auf eine Milliarde Euro aufzustocken

Der DGB Baden-Württemberg fordert gar, die Mittel auf eine Milliarde Euro aufzustocken. Maren Diebel-Ebers, die Vize-Vorsitzende sagte: „Wie schon 2023 kann das Land die hohe Nachfrage nach Wohnraumförderungsmitteln nicht im Ansatz decken. Bauwillige, die sozialen Wohnraum schaffen wollen und Familien mit geringen Einkommen werden erneut auf das nächste Jahr vertröstet. Viele von ihnen werden ihre Pläne ad acta legen. So vergrößert sich die Wohnungsnot noch. Erneut zeigt sich: Wir brauchen in Baden-Württemberg eine Milliarde Euro für den Wohnungsbau.“

In Bayern ist das schon der Fall. Dort hat die Regierung einen Wohnbau-Booster für mehr bezahlbaren Wohnungsbau umgesetzt. Bereits im Jahr 2023 stand inklusive Bundesmittel erstmals über eine Milliarde Euro zur Verfügung. Gegenstand der Programme der Wohnraumförderung des Freistaats Bayern sind die Bildung von Wohneigentum sowie der Bau und die Modernisierung von bedarfsgerechten Mietwohnungen.

275 Wohnungs- und Immobilienunternehmen sind unzufrieden.

Auch die 275 baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen sind unzufrieden. „Wohnungsbau braucht Verlässlichkeit. Diese ist nicht gegeben, wenn Jahr für Jahr eine riesige Bugwelle an Anträgen aus dem Vorjahr das aktuelle Programm blockiert,“ sagt Iris Beuerle, die Direktorin des Verbands. „Wenn Förderbewilligungen aber erst nach einem Dreivierteljahr oder Jahr erfolgen, verzögert oder verhindert dies den Wohnungsbau. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen geht bezahlbarer Neubau fast nur noch mit Fördermitteln “, kritisierte sie und verweist auf den drastischen Rückgang der Baugenehmigungszahlen.

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