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Volocopter

Flugtaxi-Pionier droht eine unsanfte Landung

Das Unternehmen Volocopter aus Bruchsal arbeitet seit zehn Jahren daran, mit einem Flugtaxi der Mobilität in großen Metropolen eine zusätzliche Option hinzuzufügen. Doch die Entwicklung der Flugdrohnen verschlingt viel Geld. Der Luftfahrtpionier hofft nun auch auf staatliche Hilfen.

Ein Volocopter absolviert einen bemannten Testflug am Downtown-Manhattan-Heliport in New York City.

Volocopter)

Bruchsal/Stuttgart . Die Olympischen Sommerspiele, die in wenigen Wochen in Paris beginnen, sollten den Durchbruch bringen. Mit seinem Flugtaxi „ VoloCity “ wollte Volocopter während des weltgrößten Sportereignisses seine ersten kommerziellen Flüge in der französischen Metropole durchführen. Doch erstens fehlt die Genehmigung der europäischen Flugsicherheitsagentur , kurz Easa , für den Passagierbetrieb, und zweitens fehlen 100 Millionen Euro, um die Serienreife der Flugtaxi-Produktion nachzuweisen.

Für ein Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in dieser Höhe bräuchte es wiederum Bürgschaften. Zuerst hatte vor wenigen Wochen das Land Baden-Württemberg eine solche Bürgschaft abgelehnt, vor wenigen Tagen auch das Land Bayern. Das hatte zur Folge, dass auch das Bundesverkehrsministerium abwinkte. Es hatte ebenfalls Unterstützung in Aussicht gestellt, sofern ein Bundesland bürgen würde.

700 Millionen Euro für die Entwicklung der Volo-Modelle

Seit mehr als zehn Jahren wird im nordbadischen Bruchsal an den Flugdrohnen gearbeitet. Brancheninsider schätzen, dass rund 700 Millionen Euro an Kapital in die Entwicklung der verschiedenen Volo-Modelle geflossen ist – ohne, dass bisher wirklich Zählbares für den Markt dabei herausgekommen ist.

Dabei hat Volocopter eine beeindruckende Liste an Investoren vorzuweisen. Darunter neben dem Autobauer Daimler sein chinesischer Wettbewerber Geely sowie der Logistikdienstleister Schenker bis hin zum Vermögensverwalter BlackRock .

Volocopter sieht sich bei der Entwicklung hin zur Marktreife kurz vor dem Ziel. Vorstandschef Dirk Hoke rechnet mit der Zulassung durch die EASA noch in diesem Jahr. In einem Gutachten zu den Marktchancen des Unternehmens, das die Bundesregierung in Auftrag gegeben hatte, werden hingegen Zweifel laut. Vorstandschef Hoke ist in den vergangenen Wochen immer wieder in die Offensive gegangen und hat die Politik um Unterstützung bei der Kommerzialisierung der Flugtaxis gebeten.

FDP im Landtag macht sich für Unterstützung stark

Zumal der Wettbewerber Lilium nahe München bei der weiteren Finanzierung seines elektrischen Senkrechtstarters auf staatliche Unterstützung hoffen darf. Man sei in „fortgeschrittenen Gesprächen mit der französischen Regierung über Pläne zur Ausweitung der Produktionskapazitäten in Frankreich und mögliche staatliche Subventionen und Kreditbürgschaften“, so das Unternehmen.

Hoke ließ sich in den Medien zitieren, dass man in absehbarer Zeit gar eine Insolvenz in Betracht ziehen müsse, sofern keine Lösung gefunden werde. Vor wenigen Tagen hat sich die FDP-Fraktion im Stuttgarter Landtag für eine Unterstützung starkgemacht und die Landesregierung gebeten, eine Landesbürgschaft für einen KfW-Kredit zu prüfen, „damit Volocopter in den laufenden Zertifizierungsverfahren für seine elektrischen Senkrechtstarter liquide bleibt“, so Hans-Ulrich Rülke (FDP). Sein Kollege Christian Jung ergänzt: Die Hochtechnologie von Volocopter, die kurz vor der Europazulassung stehe, müsse für Baden-Württemberg und Deutschland gesichert werden. Es bringe nichts, wenn das Unternehmen von Chinesen übernommen werde und infolgedessen wichtige qualifizierte Arbeitsplätze in und um Bruchsal verloren gingen.

Vorstandschef Hoke erwägt, Firmensitz zu verlegen

Tatsache ist, dass Hoke bereit wäre, den Firmensitz in das Land zu verlegen, das für die Summe von 100 Millionen Euro bürgt. Das hätte Bayern sein können, aber auch China wollte er nicht ausschließen. Die mittlerweile 650 Mitarbeiter in Bruchsal hätten dann das Nachsehen – und die Stadt Bruchsal einen potenziellen Imageträger von weltweitem Ruf weniger.

Unklar ist, warum die Anteilseigner von Volocopter nicht bereit sind, weiteres Kapital nachzuschießen. Zu ihnen gehört auch der saudische Kronprinz Mohammed Bin Salman. Über seine Projektgesellschaft Neom Company ist er bereits mit rund zehn Prozent an Volocopter beteiligt.

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Drei Modelle im Portfolio

Drei Modelle, die senkrecht in die Luft starten, hat Volocopter entwickelt: der elektrische „VoloCity“ mit 18 Rotorarmen und mit Platz für zwei Personen. Bereits 2000 Testflüge sind absolviert. Außerdem gibt es den „VoloRegion“ für Flüge bis zu 100 Kilometern, der aber noch nicht im Einsatz ist. Der Grund: Es gibt noch keine Batterie, die das leisten kann. Entwickelt wurde außerdem die „VoloDrohne“, die bis zu 200 Kilo Material rund 40 Kilometer weit transportieren kann – für den Einsatz in schwer zugänglichen Katastrophengebieten.

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