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EU erhöht Grenzen für Beihilfen
Stuttgart . Nach dem europäischen Beihilfenverbot (Art. 107 Abs. 1 AEUV) sind staatliche Beihilfen grundsätzlich verboten. Sie dürfen nicht vor Anmeldung (Notifizierung) und Genehmigung durch die Europäische Kommission gewährt werden (sogenanntes Durchführungsverbot). Andernfalls droht die Rückforderung der Beihilfen. Wettbewerber des begünstigten Unternehmens können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen.
Dennoch können staatliche Stellen Unternehmen unter bestimmten Umständen mit öffentlichen Mitteln unterstützen. So sind geringfügige Beihilfen von der EU-Beihilfekontrolle ausgenommen, sofern sie eine bestimmte Obergrenze nicht überschreiten (sogenannte De-Minimis-Beihilfen).
Diese zulässigen Höchstgrenzen hat die Europäische Kommission nun erhöht. Die Brüsseler Behörde hatte dazu zwei neue De-minimis-Verordnungen beschlossen, die ab dem 1. Januar 2024 bis Ende 2030 gelten. Sie sind eine wichtige Erleichterung für die Praxis.
Höchstgrenze für Zuschüsse um 50 Prozent angehoben
Zum einen geht es um die allgemeine De-minimis-Verordnung, die für alle Wirtschaftssektoren, außer bestimmte Bereiche wie Fischerei, Aquakultur und Landwirtschaft gilt. Ferner wurde die DAWI-De-minimis-Verordnung angepasst. Sie gilt für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, kurz DAWI. Darunter fallen Tätigkeiten, die dem Allgemeinwohl dienen und ohne staatliche Eingriffe am Markt nicht oder nicht zu vergleichbaren Bedingungen vorhanden wären, wie etwa der Betrieb von Krankenhäusern und der soziale Wohnungsbau. Mit höheren Höchstgrenzen will die EU-Kommission insbesondere der Inflation der letzten Jahre Rechnung tragen.
Nach der neuen De-minimis-Verordnung darf ein Mitgliedstaat einem Unternehmen innerhalb von drei Jahren maximal 300 000 Euro (brutto) ohne vorherige Notifizierung gewähren (bislang 200 000 Euro), sofern es sich um transparente Beihilfen, wie Zuschüsse, handelt. Im DAWI-Bereich wurde die Höchstgrenze von 500 000 Euro auf 750 000 Euro (brutto) angehoben. Die höheren Grenzen bieten mehr Spielraum für staatliche Stellen und mögliche Empfänger von Beihilfen.
Darüber hinaus enthalten beide Verordnungen neue Transparenzvorschriften. So müssen die Mitgliedstaaten ab 2026 De-minimis-Beihilfen in einem auf nationaler oder EU-Ebene eingerichteten zentralen Register erfassen. Damit können beihilfengewährende Stellen sich direkt einen Überblick verschaffen, ob und in welcher Höhe Unternehmen bereits De-minimis-Beihilfen erhalten haben. Bis dahin verbleibt es bei den bisherigen Informations- und Mitteilungspflichten. Diese Neuerungen erhöhen zwar den bürokratischen Aufwand, vereinfachen aber auch die praktische Abwicklung.
Kommunale Töchter können vollen Höchstbetrag in Anspruch nehmen
Eine wichtige Klarstellung enthält die DAWI-De-minimis-Verordnung für die Anwendung auf den „Konzern“ Kommune. Wenn eine Kommune Alleingesellschafterin mehrerer Unternehmen ist, die DAWI-Dienstleistungen erbringen, gelten diese Unternehmen als eigenständig und können jeweils den vollen De-minimis-Höchstbetrag in Anspruch nehmen.
Die sonstigen Änderungen an den Verordnungen sind gering. Die speziellen „Safe-Harbour“-Regeln, die festlegen, wie kleine Beihilfen in Form von Darlehen oder Garantien (Bürgschaften) gegeben werden dürfen, wurden vereinheitlicht.
Quelle/Autor: Stefan Meßmer, Rechtsanwalt in Stuttgart