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Ein Jahr Ersatzbaustoffverordnung

Es wird weniger Bauschutt und Bodenaushub recycelt

15 Jahre lang wurde diskutiert. Als dann vor rund einem Jahr die Ersatzbaustoffverordnung in Kraft trat, wollte der Bund damit der Kreislaufwirtschaft am Bau Flügel verleihen und den Einsatz von Recyclingbaustoffen deutlich erhöhen. Doch unter Bau- und Recyclingbetrieben scheint sich abzuzeichnen: dieses Ziel wird verfehlt.

Seit einem Jahr gelten neue Regelungen für den Einsatz von Bauschutt und Bodenaushub. Aber Abbruch- und Bauunternehmen sind skeptisch. Foto: IMAGO/Werner OTTO

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Stuttgart . „Deutschland hat es wieder einmal geschafft: Statt für mehr Kreislaufwirtschaft am Bau zu sorgen, wird ein Jahr nach Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung weniger recycelt, mehr Rohstoffe auf die Deponie gefahren und die Kosten haben sich für alle erhöht“, wettert Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. Der Verbandschef zeigt sich enttäuscht: „In der Privatwirtschaft würde ein solches System sofort beerdigt, bei der Bundesregierung kann nur die ewige Hoffnung auf Besserung trösten.“

Betriebe sagen, es wird weniger Material aufgearbeitet als zuvor

Müller und weitere Verbände aus der Bau- und Abfallbranche stützen sich auf eine Umfrage unter rund 3100 Mitgliedsbetrieben, die den neuen gesetzlichen Vorgaben keine guten Noten ausstellen. So melden lediglich fünf Prozent der Befragten, dass seither mehr Bauschutt und Bodenaushub recycelt werde. Über die Hälfe sieht keine Veränderung. Dagegen hatten 42 Prozent erklärt, dass weniger für die Wiederverwertung aufgearbeitet werde als zuvor.

Die Unternehmen sehen große Unsicherheiten, die Vorgaben in der Praxis umzusetzen und monieren den hohen Dokumentations- und Bürokratieaufwand sowohl für Hersteller als auch Verwender von Ersatzbaustoffen. Die aufwendige Dokumentation für den Verwender, die Haftungsfrage und Risikoverlagerung führten dazu, dass Ersatzbaustoffe nicht ausgeschrieben und stattdessen Primärbaustoffe genutzt werden. Müller sieht aber gerade die Auftraggeber in der Pflicht, Ersatzbaustoffe in öffentlichen Ausschreibungen nicht mehr kategorisch auszuschließen.

Der Begriff „Abfall“ schreckt viele Auftraggeber ab

So kritisieren die Unternehmen, dass die meisten Ersatzbaustoffe noch immer als Abfall klassifiziert werden und nicht den Status eines Bauprodukts erhalten. Obwohl Recyclingbaustoffe qualitativ ebenso gut seien wie neue Baustoffe, schrecke der reine Begriff „Abfall“ viele Auftraggeber ab, so die Verbände. Bauverbandschef Müller sieht allerdings Möglichkeiten, wie man das lösen könnte: Er schlägt vor, Recycling-Materialien einen Produktstatus zu vergeben. Dazu könnte man sie entsprechend ihrer Qualität und Reinheit in drei Güteklassen einteilen. So würden sie nicht mehr als Abfall, sondern als vollwertige Bauprodukte anerkannt und könnten einfacher wieder verbaut werden.

Im Südwesten sucht man bereits nach Lösungen. „Wir verfolgen einen konstruktiven und gemeinsamen Weg mit dem Landesumweltministerium, um die Mantelverordnung zu verbessern“, sagt Bernd Susset vom Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg (ISTE). Man wolle, noch bevor die Ersatzbaustoffverordnung durch den Bund evaluiert werde, die Problempunkte und Fehlstellen bestimmen.

Rohstoffindustrie im Land plant weitere Umfrage

Um seine Betriebe im Umgang mit Ersatzbaustoffen zu unterstützen, hatte der ISTE schon im Jahr 2004 gemeinsam mit dem Umweltministerium das Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg (QRB) initiiert und ein Softwaretool namens „qeb.app“ entwickelt. Rechtzeitig zum In Kraft treten der Mantelverordnung hilft es, die Qualität von Materialien aus Bauschutt, Straßenaufbrüchen und weiteren mineralischen Baustoffen zu überwachen und zu dokumentieren.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Rohstoffindustrie im Land eine Umfrage unter ihren Mitgliedern nach hundert Tagen Mantelverordnung vorgenommen. Damals zeichneten sich ähnliche Probleme ab wie in der aktuellen Umfrage der Baubranche. Eine weitere Umfrage sei in Kürze geplant, sagt Susset. Ihre Ergebnisse sollen auf dem Recycling-Baustofftag am 24. Oktober in Filderstadt diskutiert werden. Einige Probleme will der ISTE zusammen mit dem Land so rasch wie möglich lösen. „Wir können nicht warten bis der Bund vielleicht im Jahr 2026 hier korrigiert“, sagt Susset. Die Folge seien nun Notreparaturen der Bundesländer, die dem Ziel der bundesweiten Vereinheitlichung widersprechen würden. „Schade eigentlich“, so Susset.

„Wir können nicht warten bis der Bund vielleicht im Jahr 2026 hier korrigiert“, sagt Bernd Susset vom Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg

Preise für die Annahme von Bauschutt und Boden steigen

Die Preise für die Annahme von Bauschutt/Boden sind nach Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung gestiegen. Auch das ergab die Umfrage unter Abbruch- und Bauunternehmen, die oftmals Recyclinganlagen betreiben, zudem häufig Entsorgungsfachbetriebe sind und teils Deponien betreiben.

Über 70 Prozent der Befragten gaben an, mehr für die Annahme zu verlangen oder mehr für die Abgabe des nicht aufbereiteten Bauschutts an eine Aufbereitungsanlagen bezahlen zu müssen. Dessen ungeachtet berichtet rund die Hälfte der befragten Unternehmen, dass es dennoch nicht zu einer Preissteigerung im Verkauf des aufbereiteten Materials gekommen sei. Die andere Hälfte gab an, dass die Preise für aufbereitetes Material gestiegen seien.

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