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Der Autobahn GmbH drohen Budgetkürzungen
Stuttgart . Der Sanierungsstau bei Brückenbauwerken ist erdrückend: Rund 8000 an Bundesautobahnen, 3000 an Bundesstraßen, über 1200 Bahnbrücken sowie 110 Brücken an Bundeswasserstraßen müssen in den kommenden Jahren „dringend saniert“ oder gleich ganz neu gebaut werden. Das listet der Verband der Bauindustrie in einem Impulspapier auf. Hinzu komme ein Nachhol- und Ersatzbedarf von circa 40 Milliarden Euro an kommunalen Straßen sowie eine vierstellige Anzahl von Bauwerken an Landesstraßen.
Unter dieser Last ächzt auch die Autobahn GmbH des Bundes. Ein Gutachten des Bundesrechnungshofs hatte ihr erst jüngst einen zusätzlichen Finanzierungsbedarf in Höhe von rund 5,5 Milliarden Euro für die Jahre 2025 bis 2028 bescheinigt. Doch statt mehr könnte es bald weniger Mittel geben.
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Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt von Ende März sieht vor, die Mittel der Autobahn GmbH im kommenden Jahr zu kürzen. Um 20 Prozent im Vergleich zur bisherigen Planung. Statt 6,29 Milliarden Euro soll es Berichten zufolge dann nur knapp fünf Milliarden Euro geben.
Betriebsratschef warnt vor Sparkurs der Bundesregierung
Denn im Bundeshaushalt 2025 klaffen riesige Löcher und die Ampel ringt trotz rekordhoher Steuereinnahmen erneut ums knappe Geld. In der Kabinettssitzung am 3. Juli wollen die Koalitionäre ihren Haushalt für das kommende Jahr beschließen. Das Szenario besorgt Frank Bonnes, den Chef des Gesamtbetriebsrats der Autobahn GmbH.
Er ging jetzt in die Offensive und warnt in einem offenen Brief an den Bundestag vor einem Sparkurs der Bundesregierung. Man habe mit großer Besorgnis erfahren, dass drohende Haushaltsmittelkürzungen die Autobahn GmbH unmittelbar betreffen, heißt es in dem Brief, der dem Staatsanzeiger vorliegt. Die Erfüllung der Aufgaben der Autobahn GmbH sei konkret gefährdet. „Wer an der Autobahn spart, zerstört das Rückgrat unserer Gesellschaft, des Wachstums und der Wirtschaft“, sagt er.
Das war ursprünglich ganz anders gedacht. Als die Autobahn GmbH am 1. Januar 2021 die Verwaltung über die Autobahnen übernahm, erbte sie eine marode Infrastruktur aus den Ländern, so Bonnes. Durch bundesweit einheitliche Planung und Budgetverwaltung sollten künftig leistungsfähigere Autobahnen entstehen. Vor allem sollten ausreichend Mittel zur Verfügung stehen, um die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte zu beseitigen. Doch jetzt scheint es anders zu kommen.
„Die anstehenden Budgetkürzungen werden uns um Jahre zurückwerfen“, schreibt Bonnes in seinem Brief. Es drohe ein Verfall der vorhandenen Infrastruktur. Vor allem drohten Brückensperrungen, Vollsperrungen und mehr Staus. Selbst die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer sieht Bonnes in Gefahr.
Im Südwesten werden bislang keine Ausschreibungen geschoben
Tim-Oliver Müller, Chef der Spitzenorganisation der Bauindustrie warnt bereits: Ausschreibungen würden zeitlich verschoben, Projektumfänge verkleinert oder begonnene Vergabeverfahren aufgehoben. Zumindest für den Südwesten gibt ein Sprecher der Autobahn GmbH Entwarnung. Man habe bekanntlich einen erhöhten Finanzbedarf, vor allem für das dringend notwendige Brückenmodernisierungsprogramm. In der Niederlassung Südwest seien bisher aber keine Ausschreibungen geschoben worden. Angesichts der laufenden Haushaltsberatungen wolle man aber keine weitere Auskunft geben, so der Sprecher.
Beim Verband Bauwirtschaft Baden-Württemberg adressiert man die Probleme seit langem. „Es wird viel zu wenig in die Brückensanierung investiert“, sagt Verkehrsexperte Rainer Mang. „Wir schaffen es nicht, die Anzahl an Ersatzneubauten pro Jahr zu bauen, die wir haben müssten, um die Brücken altersbedingt und wegen unzureichender Traglast zu ersetzen.“ Es bestehe die Gefahr, in ein Fiasko hineinzulaufen.
Mang warnt den Bund davor, jetzt auf „die Sparbremse zu treten“ und verweist auf die „erheblichen Kostensteigerungen“ im Bauwesen. „Die finanziellen Mittel bilden die Teuerung nicht ab.“ Mang zufolge sei der Erhalt der Infrastruktur aber nicht nur eine Frage des Geldes. „Es fehlen Fachkräfte.“ Die Verwaltung, sei es von Bund oder Land, sei immer weniger in der Lage, ihren Aufgaben gerecht zu werden. „Es fehlen allerorten Brückenbauingenieure. Und die fallen nicht einfach vom Himmel.“