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Dem Bodensee-Airport droht der nächste Sinkflug
Friedrichshafen. Im Dezember vergangenen Jahres kam die Hiobsbotschaft: Ab April nimmt Lufthansa die Strecke Friedrichshafen – Frankfurt aus dem Programm und damit die wichtige Anbindung der Bodenseeregion an das internationale Drehkreuz. Für mindestens zwölf Monate werde der Bodensee-Airport nicht mehr angeflogen, teilte die größte deutsche Airline dem Flughafen kurzfristig mit. Inzwischen steht fest, dass vor Ende 2026 „nicht mit einer Wiederaufnahme der Verbindung nach Frankfurt zu rechnen ist“, sagt Flughafen-Chef Claus-Dieter Wehr.
Damit wird offensichtlich, dass es bei Lufthansa nicht nur einen Flottenengpass gibt, den die Airline als Grund für die Einstellung der Strecke angegeben hatte. Mittlerweile verdichten sich Hinweise, dass Lufthansa die 90-Sitzer, die auf Regionalstrecken zum Einsatz kamen, ausmustern will. „Für uns bleibt die Frage, wo Lufthansa strategisch hinwill“, so Wehr. Offensichtlich plant das Unternehmen, sich aus dem Geschäft im regionalen Flugverkehr zurückzuziehen. Diese Entwicklungen sprechen für ihn eher dagegen, „dass Lufthansa zurückkommt.“
Grundstücksverkäufe schaffen vorübergehend finanzielles Polster
Das ist der Hauptgrund, warum die Lage ernst ist. So deutlich steht es auch im für das Geschäftsjahr 2023. Eigentlich wollte der Bodensee-Airport im vergangenen Jahr wieder durchstarten, nachdem 2022 die Insolvenz in Eigenverwaltung erfolgreich abgeschlossen wurde. Die brachte mit dem Verkauf von Grundstücken wieder Geld in die Kassen und entschuldete das Unternehmen.
Aktuell ist zu befürchten, dass das Finanzpolster schneller wieder abschmilzt als geplant. Mit der Abkehr von Lufthansa fallen bis zu vier Flüge pro Tag weg, was gravierende Umsatzeinbußen zur Folge hat. Deshalb braucht der Flughafen dringend Ersatz und sucht nach einer neuen Anbindung an ein internationales Drehkreuz. Im Visier ist Amsterdam mit dem möglichen Partner KLM. Klappt das nicht und gelingt es dem Flughafen dann nicht, die fehlenden Einnahmen anderweitig auszugleichen, seien die „aktuell vorhandenen liquiden Mittel in der zweiten Jahreshälfte 2025 voraussichtlich aufgebraucht“, steht im Geschäftsbericht. Ende 2023 waren noch liquide Mittel von 6,8 Millionen Euro da.
Gesellschafter befassen sich im Herbst mit der Lage des Airports
Mittelfristig erlaubt die EU-Kommission aber keine Zuschüsse der öffentlichen Hand mehr für den Betrieb von Regionalflughäfen, nur noch für Investitionen. Hauptgesellschafter des Bodensee-Airports sind die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis . Hinzu kommen das Land mit knapp sechs Prozent, sowie eine Reihe von örtlichen Industrieunternehmen und ein Förderverein mit Anteilen, die im niedrigen einstelligen Bereich liegen.
Selbst wenn der politische Wille da wäre, bei Finanzierungslücken wie in der Vergangenheit in die Bresche zu springen, ist das beihilferechtlich ab April 2027 nicht mehr möglich. Das gilt nicht nur für den Flughafen Friedrichshafen, sondern auch für andere Regionalflughäfen, deren Einnahmen nicht reichen, um die operativen Kosten zu stemmen.
Dazu kommt, dass die aktuelle Entwicklung nicht zum Umstrukturierungsplan passt, den die Friedrichshafener im Insolvenzverfahren mit der EU-Kommission vereinbart hat. Nach dem Rückzug der Lufthansa fehlen Passagiere und Erlöse, um den Flughafen kostendeckend zu betreiben. „Wir sind schon in Kontakt mit der EU-Kommission, um die Finanzierung ab 2025 zu klären“, erklärt Claus-Dieter Wehr. Im Herbst wird das schwierige Thema auch bei den Gesellschaftern aufschlagen.
Über zwei Millionen Euro Verlust im operativen Geschäft
Die schauen mit Sorgen auf die Passagierentwicklung. Mit 315.000 Fluggästen stiegen 2023 rund 25.000 weniger in Flugzeuge von und nach Friedrichshafen ein. Dabei waren die Sitzplätze in den Ferienfliegern im Schnitt zu 90 Prozent ausgebucht. Die Nachfrage sei da, erklärt Wehr. „Aber das Angebot fehlt“, ergänzt der Flughafenchef.
Ursache dafür waren hauptsächlich Flottenengpässe. Airlines wie Corendon oder Wizz-Air haben ihr Angebot in Friedrichshafen reduziert. Verbindungen, die 2022 noch im Programm waren, fielen weg.
Unterm Strich bleibt für die FFG im vergangenen Jahr ein Verlust von 3,6 Millionen Euro. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen liegt das Minus im operativen Betrieb bei 2,1 Millionen Euro. Aktuell geht der Flughafenchef von 230.000 Passagieren in diesem Jahr aus. Das würde ein weiteres Minus bei Umsatzerlösen und Jahresergebnis von 1,5 bis zwei Millionen Euro bedeuten. Keine guten Aussichten.
Beihilfen sind nun bis April 2027 möglich
Vor knapp einem Jahr hat die EU-Kommission die Möglichkeit staatlicher Unterstützung für bestimmte Regionalflughäfen in Europa um drei weitere Jahre bis April 2027 verlängert. Ursprünglich hätten die 2014 in Kraft getretenen Beihilfe-Regeln nur bis April dieses Jahres gelten sollen.
Voraussetzung ist, dass die Zuschüsse der öffentlichen Hand für einen kostendeckenden Betrieb erforderlich sind. Laut der EU-Behörde sollen mit der Verlängerung Regionalflughäfen mit weniger als drei Millionen Passagieren im Jahr unterstützt werden, damit diese ihre Geschäftsmodelle umstellen können.