Kolumne

Das Land der Tüftler und Erfinder gerät unter Druck

Baden-Württemberg ist nach wie vor eine der innovativsten Regionen in Europa und der Welt. Dafür haben jahrzehntelange Anstrengungen und kontinuierliche Investitionen gesorgt. Doch ob das Morgen auch noch gilt, ist fraglich -  für Unsicherheit bei Tüftlern und Erfindern sorgen derzeit hausgemachte Standortprobleme.

Staatsanzeiger-Redakteur Wolfgang Leja: Für Gründer wird nicht nur der Wettbewerb härter. Zugleich wird es schwieriger, unter den aktuellen Standortbedingungen in Deutschland Innovationen auf den Markt zu bringen.

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Gemessen an der Zahl der Patente und der Höhe der Forschungsausgaben ist Baden-Württemberg weiterhin spitze. Mit 14 648 angemeldeten Patenten im vergangenen Jahr – das sind fast 40 Prozent aller deutschen Patentanmeldungen – ist Baden-Württemberg bundesweit Innovationsführer: Auch wenn weniger die die Kleinen als vielmehr Großkonzerne wie Bosch, ZF und Mercedes die großen Innovatoren sind. Im Jahr 2021 wurden im Land 5,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung investiert weltweit ein Spitzenwert.

Wettbewerb um Künstliche Intelligenz wird unter China und den USA ausgemacht

Die Tüftler und Erfinder sind es, die den Wohlstand sichern. Doch das Modell ist kein Selbstläufer und gerät durch den wachsenden internationalen Wettbewerb massiv unter Druck. Das zeigt am anschaulichsten der Wettbewerb um die Künstliche Intelligenz, der gemessen an Patenten und Investitionen maßgeblich unter China und den USA ausgemacht wird.

Und als wären diese Herausforderungen nicht schon genug, bremst die Politik die Unternehmen am Standort Deutschland aus. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sprach auf dem Kongress Open Innovation von „hausgemachten Problemen: Hohe Arbeits- und Energiekosten, hohe Steuern und Abgaben und Bürokratielasten nehmen unseren Unternehmen die Luft zum Atmen.“ Mit drastischen Folgen: Investitionen wandern ins Ausland ab. Forschung wird verlagert. Doch Kritik prallt an der zuständigen Bundespolitik ab. „Die Klage ist das Lied des Kaufmanns“, konterte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und bringt damit Industriepräsident Siegfried Russwurm gegen sich auf: Der Ernst der Lage werde im Kanzleramt offenbar unterschätzt, ärgerte sich der BDI-Chef.

Bosch-Forschungschef Kropf: „Lieber machen, statt jammern!“

Die Wirtschaft darf also kaum auf Rückendeckung aus Berlin zählen. Das ist die Stunde der Optimisten wie Thomas Kropf. Für den Chef der Forschungsabteilung beim Technologiekonzern Bosch gilt die Devise: „Lieber machen, statt jammern!“ Schließlich biete der Standort Baden-Württemberg weiterhin große Potenziale.

Das stimmt. Wissenschaft und Wirtschaft sind bei Forschung und Entwicklung so eng verbunden wie kaum anderswo. Mit über hundert Hochschulen sowie 52 außeruniversitären und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen zählt Baden-Württemberg zu den forschungsintensivsten Regionen Europas. Innovationsinitiativen wie das Cyber Valley sorgen für Gründerdynamik. Und auch das Land hat ein Finanzierungs- und Förderinstrumentarium aufgebaut, das Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft mit Milliarden Euro unterstützt.

Open Innovation heißt in der Not die Lösung: Dahinter steht die Idee von Innovationspartnerschaften und Kooperationen, um sich gegenseitig zu unterstützen, sich zu vernetzen und Wissen auszutauschen. Ja, auf dem Open Innovation Kongress des Wirtschaftsministeriums diese Woche war durchaus eine gedämpfte Stimmung zu verspüren. Aber Baden-Württemberg bietet Tüftlern und Erfindern eine einzigartige Landschaft von Akteuren, um gemeinsam gute Ideen auf den Markt zu bringen.

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