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Chefs können persönlichen Jahresrückblick als Mutmacher nutzen
Rielasingen-Worblingen. „Wenn wir nicht zurückblicken, wie sollen wir dann vorankommen?“ Mit dieser Frage bringt Katja von Glinowiecki, Führungskräftecoach aus Rielasingen-Worblingen bei Singen, die Bedeutung der Selbstreflexion auf den Punkt. Das Jahresende bietet Unternehmern und Führungskräften die ideale Gelegenheit, innezuhalten und das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Das kann sich aus Sicht von Beratern sehr lohnen.
Selbstreflexion ermöglicht es, eigene Erfolge zu würdigen, aus Misserfolgen zu lernen und neue Perspektiven zu entwickeln. Sie schafft Klarheit über persönliche und berufliche Entwicklungen und hilft darüber hinaus, zukünftige Ziele präziser zu definieren. Ralf Jansen, Management-Trainer aus Darmstadt, erklärt: „Wenn ich von etwas sagen kann, dass es ein Erfolg war, dass ich es grundsätzlich wieder so machen würde, dann ist das ermutigend und hilft zugleich bei der Orientierung fürs Folgejahr.“ Dies fördere eine positive Einstellung und motiviere dazu, bewährte Strategien zu erkennen und weiterzuführen.
Unternehmenskultur und Kommunikation im Mittelpunkt
Selbstbesinnung ist jedoch mehr als ein bloßer Rückblick. Sie bietet die Möglichkeit sich auf die eigenen Werte, Prioritäten und langfristigen Ziele zu besinnen. Insbesondere für Führungskräfte, die oft vom Kleinklein des Tagesgeschäfts getrieben sind, ist dies eine wertvolle Gelegenheit, ihre Wunschvorstellungen und Visionen von der Zukunft zu überprüfen. Dabei geht es gerade nicht nur um die Geschäftszahlen, sondern vor allem auch darum, wie sich die Unternehmenskultur entwickelt hat, welche Beziehungen zu Mitarbeitern, Kunden und Partnern gepflegt wurden und welche Lehren aus Herausforderungen gezogen werden konnten.
Der Prozess der Selbstreflexion sollte dabei strukturiert angegangen werden. Ein bewährter Ansatz ist die Unterteilung in Quartale oder Monate, um spezifische Ereignisse und Entscheidungen gezielt zu analysieren. Dabei sollten sowohl berufliche als auch persönliche Aspekte berücksichtigt werden. „Setz deinen Fokus auf das Positive und du wirst sehen, was du trotz aller Widrigkeiten und schlechter Vorzeichen geschafft hast“, rät von Führungskräftetrainerin Glinowiecki. Diese Perspektive stärke das Selbstvertrauen und fördere eine konstruktive Haltung, die den Blick nach vorn richtet.
Experten raten dazu Gedanken schriftlich festzuhalten
Und viele Führungskräfte-Coaches raten: Man sollte am besten aufschreiben, welche Gedanken und Impulse einem beim Nachsinnen über das abgelaufene Jahr kommen. Wenn man seine Erkenntnisse, Gefühle und Schlussfolgerungen dokumentiert, verleiht dies dem Prozess deutlich mehr Tiefe und Nachhaltigkeit. Es ermöglicht, Muster zu erkennen und Entwicklungen über die Jahre hinweg nachzuvollziehen.
Ratsam ist den Experten zufolge ferner, auch Feedback von Kollegen, Mitarbeitern oder auch Mentoren einzuholen. Externe Perspektiven bieten oft neue Einsichten und helfen, eigene blinde Flecken zu identifizieren. „Die Perspektive von außen ist oft der Schlüssel, um sich selbst klarer zu sehen und die eigene Entwicklung besser einzuordnen“, erklärt von Glinowiecki. Dieser Ansatz förder eine offene und lernbereite Haltung, die insbesondere Führungskräften helfe, sich weiterzuentwickeln und ihre Wirkung auf andere besser zu verstehen.
Gefühle bei der Rückschau nicht ausblenden
Bei der Selbstreflexion sollten jedoch einige Fehler vermieden werden. Erstens sollte man keinesfalls zu intensiv gedanklich auf negativen Aspekten herumreiten. Misserfolge und Enttäuschungen gilt es zwar anzuerkennen und zu analysieren, aber dann sollte man seine Gedanken auch wieder davon weg richten.
Zweitens sollte man die eigenen Emotionen nicht ausblenden, sondern sich diese gezielt bewusst machen − zusätzlich zur Reflexion auf der Sachebene. Gefühle sind wichtige Indikatoren für persönliche Zufriedenheit − und können für die Selbstmotivation nutzbar gemacht werden. Drittens sollte man nicht versäumen, aus dem Rückblick Handlungspläne für die Zukunft abzuleiten. Reflexion sollte am Ende immer zu einem positiven Blick in die Zukunft führen.
Wer sich für Selbstreflexion bewusst Zeit nimmt, kann nicht nur Fehler identifizieren und Erfolge feiern, sondern auch neue Energie schöpfen. Das schafft die Basis für kreative Ideen, strategische Neuausrichtungen und eine stärkere Fokussierung auf langfristige Ziele.
Mit verschiedenen Rollen das eigene Handeln analysieren
Es gibt diverse Ansätze und Methoden zur Selbstreflexion. Die Methode „Das innere Team“ stammt vom dem Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun und hilft, innere Konflikte zu klären. Dabei betrachtet man sich selbst als Team. Da ist zum Beispiel der rationale Analyst, der kreative Träumer oder der kritische Zweifler. In der Reflexion lässt man diese Stimmen nun separat zu Wort kommen, um ihre Bedürfnisse und Perspektiven zu verstehen. Dies hilft, eigenes Handeln besser zu verstehen und für die Zukunft Ziele zu setzen .