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Bundesgerichtshof stärkt die Position von Gläubigern
KARLSRUHE. Die sogenannte Insolvenzanfechtung sorgt bei Geschäftspartnern von Betrieben, die in wirtschaftliche Schieflage geraten sind, immer wieder für Ärger und Frust. Denn dieses Instrument des Insolvenzrechts ermöglicht es dem Insolvenzverwalter, bestimmte Rechtshandlungen, wie etwa Verträge, die vor der Insolvenzeröffnung vorgenommen wurden, rückgängig zu machen. Doch das könnte für Insolvenzverwalter künftig schwieriger werden.
Die Insolvenzanfechtung soll dazu beitragen, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, die Gläubiger benachteiligen, zu korrigieren. Dies umfasst beispielsweise Zahlungen, die kurz vor der Insolvenz an einzelne Gläubiger geleistet wurden, um diesen bevorzugt zu behandeln.
Gericht fordert umfangreiche Nachweise für Anfechtung
Eine wichtige Variante ist in diesem Zusammenhang die Vorsatzanfechtung. Dabei werden die Geschäfte vom Insolvenzverwalter angefochten, die der Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen hat, bestimmte Gläubiger zu benachteiligen. „Die bisherige Rechtsprechung ging davon aus, dass es hierfür genügte, dass der Insolvenzverwalter nachwies, dass zum Zeitpunkt der anfechtbaren Zahlungen offene Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Eröffnung des Verfahrens nicht mehr ausgeglichen worden sind“, erklärt dazu Ansgar Hain, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht am Berliner Standort der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe weist nun jedoch darauf hin, dass dieser Tatsachenvortrag nur noch in Ausnahmefällen genügt, um eine Vorsatzanfechtung zu begründen.
Rechtssprechung muss das Urteil weiter konkretisieren
Die höchstrichterliche Entscheidung vom 18. April (Az. IX ZR 239/22) stellt nämlich klar, dass ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nur in Ausnahmefällen allein mit dem Vorliegen von hohen Verbindlichkeiten begründet werden kann. „Möglich ist das nur dann, wenn diese Verbindlichkeiten nach Art, Höhe, Anzahl und Bedeutung so beschaffen sind, dass für jeden objektiven Betrachter in der Position des Schuldners selbst bei optimistischer Betrachtung unzweifelhaft klar sein muss, dass diese nicht mehr vollständig befriedigt werden“, erläutert Insolvenzrechtler Hain.
Der Vorsatz müsste ansonsten vom Insolvenzverwalter auf eine andere Weise nachgewiesen werden. Das Problem ist dem Juristen zufolge aber insbesondere, dass derzeit noch nicht viel Klarheit darüber herrscht, was genau eine „optimistische Betrachtung“ eigentlich ausmacht. Hier müsse die Rechtsprechung noch mehr Klarheit schaffen und Auslegungshilfen erarbeitet, meint der Insolvenzrechtsspezialist.