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Krise im Wohnungsbau

„Bezahlbares Wohnen ist nur noch mit staatlicher Förderung möglich“

Die baden-württembergischen Wohnungs- und Immobilienunternehmen gehen mit der Politik scharf ins Gericht. Auf dem Sommerempfang kritisierte Verbandspräsident Peter Bresinski die hohen energetischen Standards. Diese würden zu „unzumutbaren Mieterhöhungen“ führen. Ohne Fördermittel sei es mittlerweile unmöglich, bezahlbaren Wohnenraum zu schaffen. Dabei braut sich am Horizont schon das nächste Gewitter für die Branche zusammen.

"Ohne Förderung würden wir im Neubau auf Mieten von 16 bis 20 Euro pro Quadratmeter kommen.", sagte Peter Bresinski, Präsident des Verbands baden-württembergischen Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

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Stuttgart . Unter den Wohnungs- und Immobilienunternehmen macht sich Ungeduld breit. „Bereits seit Jahren diskutieren wir darüber, wie der Wohnungsmarkt wieder angekurbelt werden kann, ohne aber, dass es nennenswerte Fortschritte gibt“, sagte Peter Bresinski, der Präsident des Verbands VBW auf dem diesjährigen Sommerempfang. Dabei ist die Analyse klar. „Wir benötigen fast eine Verdopplung der Neubauaktivität, insbesondere im Bereich preiswerter bezahlbarer Wohnungen“, sagte er und verwies auf aktuelle Zahlen des Statistischen Landesamts. Danach wurde lediglich 6394 Genehmigungen erteilt, ein Rückgang um 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das sei ein regelrechter Absturz.

Mieten von 16 bis 20 Europro Quadraatemter

Einen der Hauptgründe für die Misere sieht Bresinski in den steigenden Kosten. Dabei seien die aktuell höheren Zinsen nicht alleine daran schuld. Vielmehr seien es überzogene Baustandards, staatliche Abgaben und Vorgaben. Bresinski hob hervor, dass die „Staatsquote“, also der Anteil der staatlich bedingten Kosten bei der Errichtung eines Mehrfamilienhauses in Deutschland, bei etwa 37 Prozent liege. Eine dirkete Folge der hohen Baukosten: „Ohne Förderung würden wir im Neubau auf Mieten von 16 bis 20 Euro pro Quadratmeter kommen.“ Das liege deutlich über dem, was man unter bezahlbaren Wohnraum verstehe.

Als maßgeblichen Kostentreiber benannte Bresinski die hohen energetischen Standards, insbesondere den von der Politik vorgegebenen KfW-55-Effizienzhaus-Standard. Dieser treibe die Baukosten und den Wartungsaufwand derart nach oben, dass die erzielten Energieeinsparungen die Mehrkosten durch den höheren Standard nicht kompensieren würden, sagte er. Doch um in den Genuss der Förderung der KFW zu kommen, sei der KfW 55-Standard notwendig.

Kosten für den Effizienzhaus-55-Standard führen zu unzumutbaren Mieterhöhungen

In Heidelberg realisiert die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz Heidelberg, deren Geschäftsführer Bresinski ist, aktuell ein Modellprojekt im Quartier Pfaffengrund. Dabei werden sieben baugleiche Wohnhäuser unterschiedliche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Ziel ist es, herauszufinden, ob einfache Sanierungsstrategien möglicherweise effektiver, kostengünstiger und schneller umsetzbar sind als eine Wärmedämmung älterer Bestandsgebäude auf Effizienzhaus-55-Standard. „Es zeichnet sich ab, dass die Kosten für den Effizienzhaus-55-Standard zu unzumutbaren Mieterhöhungen führen werden“, so Bresinski. „Die Jagd nach Einsparung der letzten zehn Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche durch höhere energetische Anforderungen ist absurd. Um das, wenn überhaupt noch halbwegs bezahlbar darstellen zu können, sei eine sehr, sehr hohe Förderung unerlässlich.“

Aber gerade auf die Förderung kann sich die Wohnungswirtschaft nicht mehr verlassen. „Die Grünen haben vor ein paar Jahren dafür Sorge getragen, dass der KfW 55-Standard für geförderte Wohnungen verbindlich sein muss. Und der parteieigene Klima- und Wirtschaftsminister streicht dann von heute auf morgen die KFW 55-Förderung“, kritisierte Bresinski. Die Landesregierung sei dadurch nunmehr gezwungen, den Wegfall der KFW 55 Förderung in ihren Förderprogrammen zu kompensieren.

Bezahlbares Wohnen ist nur noch mit staatlicher Förderung möglich

Doch die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau in Baden-Württemberg von 580 Millionen Euro sind aufgrund der hohen Nachfrage für das Jahr 2024 bereits aufgebraucht. Eine auskömmliche und verlässliche Förderung sei damit nicht gegeben, sagte Bresinski. In den letzten beiden Jahren habe sich ein solcher Antragsstau gebildet, dass neue Projekte keine Chance mehr hätten, zeitnah eine Förderzusage zu erhalten. „Das führt dazu, dass viele Projekte unserer Mitgliedsunternehmen auf Eis gelegt werden müssen“, sagte Bresinski. Der Ansturm auf das Förderprogramm sei aber auch ein Zeichen dafür, dass bezahlbares Wohnen nur noch mit staatlicher Förderung möglich ist.

Für die Wohnungswirtschaft könnte es aber noch schwieriger werde. Denn die geplanten Vorgaben der EU zur Dekarbonisierung des Wohnungsbestands und aus der EU-Taxonomie dürften die Unternehmen in den kommenden Jahren finanziell außerordentlich belasten und Investitionen in Neubau und Bestand hemmen. „Höhere Mieten sind das Resultat dieser Entwicklung und die kann keiner wollen“, warnte Bresinski.

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