Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Belästigungen umfassend aufklären
STUTTGART. Arbeitgeber dürfen das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn es bestehen gesetzliche Verpflichtungen, bei Vorwürfen innerhalb des Betriebs tätig zu werden. Darauf weist Carolin Ebke hin, Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei CMS.
Juristin: Arbeitgeber sollten auch Gerüchten nachgehen
Sexuelle Belästigung umfasst dabei mehr als nur gewaltsame körperliche Übergriffe. „Darunter fallen auch andere sexuelle Belästigungen, die verbal oder non-verbal erfolgen“, erläutert Ebke. Dies könnten beispielsweise sexuell anzügliche Witze sein, aufdringliches Anstarren, Hinterherpfeifen oder sexuelle Anspielungen. Auch unangemessene Berührungen wie Tätscheln sowie wiederholte körperliche Annäherung auf weniger als eine Armlänge Abstand, zählt möglicherweise als Übergriff
Eine wichtige Rechtsgrundlage ist dabei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). „Dieses verbietet ausdrücklich die sexuelle Belästigung“, so die Rechtsanwältin. Der Anwendungsbereich ist deutlich weiter gefasst als im Strafrecht. Erfasst werde jedes beleidigende, erniedrigende oder beschämende sexualisierte oder geschlechtsbezogene Verhalten, das die Würde der betroffenen Person verletzt. „Dabei reicht es aus, dass das Opfer das Verhalten als unerwünschte Würdeverletzung empfindet“, sagt Carolin Ebke und ergänzt: „Es kommt nicht darauf an, ob dies vom Täter auch beabsichtigt war. Ebenso sei es nicht erforderlich, dass das Verhalten vom Opfer explizit abgelehnt oder zurückgewiesen wird.“
Arbeitgeber sollten auch bloße Gerüchte nicht unbeachtet lassen. Sie sollten die Belegschaft aktiv auf Meldemöglichkeiten von Übergriffigkeiten hinweisen und ein Hinweisgebersystem oder eine AGG-Beschwerdestelle einrichten, rät die Compliance-Expertin. Damit könne auch späteren Schadenersatzforderungen entgegengewirkt werden.
Persönlichkeitsrechte auch bei Verdächtigen wahren
Besteht ein konkreter Verdacht, ist der Arbeitgeber verpflichtet zu ermitteln und zu prüfen, ob tatsächlich eine sexuelle Belästigung vorliegt. Dabei gelte es, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, aber auch der Verdächtigten, zu wahren, erklärt die Münchner Juristin. Die Vorwürfe könnten ja möglicherweise auch unzutreffend sein.
Bestätigt sich der Verdacht, muss der Arbeitgeber geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen zur Unterbindung ergreifen. Dazu gehören, etwa eine Abmahnung oder Versetzung. In gravierenden Fällen kommt auch Kündigung des Täters in Frage.