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Arbeitgeber-Minderheit kippt den Baukompromiss
Stuttgart. Man hört Thomas Möller auch am Telefon an, dass er nur wenig Verständnis für die momentane Situation im Lager der Bauarbeitgeber hat. Wenn es nach dem Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg und der deutlichen Mehrheit in seinem Verband geht, wäre die aktuelle Tarifrunde im Bauhauptgewerbe abgeschlossen. Denn im Südwesten hatten die Bauunternehmer mit deutlicher Mehrheit für die Annahme des Schlichterspruchs votiert.
85 Prozent Zustimmung wären notwendig gewesen
Sie waren damit bundesweit keineswegs in der Minderheit. Auch die Bauindustrie stimmte bundesweit geschlossen für den Kompromissvorschlag, den der ehemalige Präsident des Bundessozialgerichts, Rainer Schlegel, vor drei Wochen vorgelegt hatte, ebenso die ostdeutschen Regionalverbände des Baugewerbes. Und in den Baugewerbeverbänden im Westen stimmten nach Angaben von Branchenkennern 82 Prozent der dort organisierten Bauunternehmen zu. Doch das reichte nicht, weil 85 Prozent notwendig gewesen wären. Drei Regionalverbände sollen letztlich für das Scheitern der Schlichtung verantwortlich gewesen sein.
Aus Sicht von Möller ist das ein Zustand, der so nicht bleiben kann. „Wir müssen darüber reden, die Quoren zu verändern,“ betont er. Die 85 Prozent seien 2007 eingeführt worden, um einige regionale Verbände in der Tarifgemeinschaft zu halten. Diese wollten damals wegen der Einführung eines 13. Monatsgehalts ausscheren.
„Jetzt wird gestreikt, und das massiv“
Denn nun droht der Bauwirtschaft bundesweit ein Arbeitskampf. Nach der Ablehnung des Schlichterspruchs durch die Arbeitgeber am vergangenen Freitag hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) sofort Aktionen angekündigt. „Jetzt wird gestreikt, und das massiv.“ Das kündigte deren Bundesvorsitzender Robert Feiger in einer Mitteilung an.
Die Streiks sollen flächendeckend in ganz Deutschland stattfinden. Wann und wo, wollte ein Gewerkschaftssprecher in dieser Woche noch nicht preisgeben. Es wird damit gerechnet, dass die Arbeitsniederlegungen in der kommenden Woche beginnen werden.
Dabei will die Gewerkschaft für ihre ursprüngliche Forderung streiken und nicht für das Schlichtungsergebnis. Die IG BAU hatte 500 Euro mehr Lohn für alle Tarifgruppen gefordert. Der Schlichter hatte 250 Euro mehr Einkommen pro Monat in diesem Jahr und ab April 2025 noch mal 4,15 Prozent mehr im Westen vorgeschlagen.
Arbeitgeber tun sich mit pauschaler Erhöhung schwer
Mit der Höhe des Lohnzuwachses, den der Schlichter vorgeschlagen hat, können die Bauunternehmer in Baden-Württemberg offenbar mehrheitlich leben. „Es war für uns völlig unstrittig, dass die Arbeitnehmer ein Lohnplus bekommen sollen,“ betont Thomas Möller. Schließlich hätten die Unternehmen ein Interesse daran, ihre Belegschaften auch in der Krise zu halten.
Mit der pauschalen Erhöhung um 250 Euro täten sich die Betriebe zwar schwer, weil damit Leistungsträger in den höheren Tarifgruppen prozentual geringere Lohnzuwächse erhielten, meint der Bauverbandschef. Aber man sehe als Arbeitgeber auch, dass in den untersten Lohngruppen eine stärkere Anpassung notwendig sei.
Einen Arbeitskampf hält Möller derzeit für ein fatales Signal, wenn die Bauunternehmen zur gleichen Zeit von der Politik Unterstützung für den Wohnungsbau forderten. „Es wäre völlig falsch, jetzt in einen Arbeitskampf zu gehen“, sagt er.
Eine Urabstimmung soll es vorerst nicht geben
Im Arbeitgeberlager wird derzeit erwogen, eine bundesweit abgestimmte Tarifempfehlung an die Mitgliedsunternehmen abzugeben. Möller rechnet noch in dieser Woche mit „einem guten Signal“.
Auf der Arbeitnehmerseite gibt man sich grundsätzlich offen, aber mit Bedingungen. „Wenn die Arbeitgeber ein Angebot vorlegen, das über dem Angebot liegt, sind wir gesprächsbereit“, erklärt der IG-BAU-Sprecher. Die Gewerkschaft will den Tarifkonflikt zudem nicht sofort eskalieren lassen. Eine Urabstimmung werde es erst später geben, falls dies erforderlich sei. Vorerst soll es bei Warnstreiks bleiben.
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