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Bäckerei in Friedrichshafen produziert Sprit aus altem Brot
Friedrichshafen. Rund 600 000 Tonnen Backwaren, die deutschlandweit abends aus den Regalen von rund 11 000 Bäckereien geräumt werden, landen jährlich im Müll. Im Betrieb von Bäckermeister Hannes Weber mit sieben Verkaufsfilialen in und um Friedrichshafen fallen bisher rund 15 000 Euro Entsorgungskosten an, weil nicht verkaufte Brote, Brötchen und Kuchen als Abfall entsorgt werden müssen. Weber suchte nach Lösungen, um dies zu ändern.
Nach fünf Jahren Vorlauf ist aus der anfänglichen „Schnapsidee“ die Pilotanlage für eine Brotbrennerei entstanden. Es ist die erste in Deutschland, die aus Altbackwaren Bioethanol produziert. Der kommt als Alkohol in der Pharmazie zum Einsatz oder als Kraftstoff E10 im Tank von Kraftfahrzeugen.
Über zwei Tonnen alte Ware werden pro Woche recycelt
In Webers Backstube werden pro Woche rund 2100 Kilo alte Backwaren recycelt. Später will er sortenreine Backwaren zu Spirituosen destillieren, etwa aus Roggenbrot Edelbrand herstellen.
Rund 162 Millionen Liter Bioethanol könnten mit solchen Brotbrennereien jährlich aus den Altbackwaren in Deutschland entstehen, ohne Nutzpflanzen wie Mais oder Weizen zu verwenden, schätzt die Forschungs- und Lehrbrennerei der Universität Stuttgart-Hohenheim . Den Wissenschaftlern um Daniel Einfalt gelang es in vielen Versuchen, die richtige Mixtur zu finden, wie gemischte Reste von Backwaren erfolgreich vergoren werden können. Damit das klappt, hat der Brennereianlagen-Hersteller Müller aus der Ortenau die Brennerei „mit vielen Innovationen“, so Mitinhaber Sebastian Müller, für diesen Zweck angepasst.
Dritter Projektpartner ist das Technologie-Transfer-Zentrum Bremerhaven, das für die Anlage ein Energiekonzept entwickelt hat. „Wir nutzen die Abwärme der Bäckerei für die Brennerei“, erklärt Projektleiterin Antje Christian. Den Strom für den voll automatisierten Betrieb rund um die Uhr liefert hauptsächlich eine eine Photovoltaikanlage auf dem Dach .
Aktuell arbeite die Brotbrennerei mit dem 2000 Liter fassenden Maische-Behälter mit dem ausgeklügelten Energiekonzept kostendeckend, erklärt der Bäckermeister, auch wenn die Markt-Preise für Bioethanol derzeit niedrig sind.
EU muss Verordnung für Brotschnaps ändern
Höhere Erlöse erhofft er sich mit der Destillation von Edelbränden. Für Brotbrand gibt es allerdings noch keine rechtliche Grundlage. Die entsprechende Spirituosen-Verordnung sei auf EU-Ebene schon auf dem Weg, erklärte der EU-Abgeordnete Norbert Lins (CDU) bei der Eröffnung.
Nicht nur Weber hofft, dass das Projekt viele Nachahmer findet. Für Betriebe mit rund fünf Millionen Euro Jahresumsatz könne sich das wirtschaftlich lohnen, schätzt er. Für die Pilotanlage wurde rund eine halbe Million Euro investiert. Die wird über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert.