Wie hybrider Unterricht funktionieren kann

Mit Homeschooling können weniger Lehrkräfte mehr Jugendliche unterrichten. Zugleich wird ein Plus an individueller Förderung möglich. Und auf den Straßen gibt es weniger Verkehr. Corona hatte diesen hybriden Unterricht erzwungen. Längst wird überlegt, wie sich daraus tragfähige Konzepte für die Zukunft entwickeln lassen.

Stuttgart. In vielen Schulen in der Republik sitzen Kinder und Jugendliche, für die zusätzliche Hybrid-Stunden Alltag sind, weil sie aus der Ukraine kommen und weiterhin am Fachunterricht in der alten Heimat und in ihren früheren Klassen teilnehmen.

Während der Pandemie haben sich in Baden-Württemberg viele Modelle des digitalen Lernens und Lehrens entwickelt. Weiterhin zur Verfügung stehen zahlreiche Informationsangebote, etwa von der Kultusministerkonferenz (KMK) zu grundsätzlichen Fragen oder dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung. Wirklich etabliert sind hybride Unterrichtsformen aber bislang nur an einzelnen Standorten.

Mit hybridem Unterricht werden mehr Oberstufenkurse möglich

Eine Pilotstudie läuft in Ostsachsen an drei Gymnasien. „Mindestens zehn Schülerinnen und Schüler müssen zusammenkommen, damit überhaupt ein Leistungskurs in der gymnasialen Oberstufe angeboten werden kann“, beschreibt das zuständige Bildungsministerium die Ausgangslage. Das werde in ländlichen Regionen mit schlechterer Anbindung und vor allem im grenznahen Raum aufgrund rückläufiger Schülerzahlen aber zunehmend schwerer. Darunter leide dann wiederum das Kursangebot.

Der Landkreis Görlitz sucht nach „Wegen aus dem Dilemma“. Hybride Unterrichtsformen könnten eine Antwort sein, heißt es weiter. Konkret ist allen Verantwortlichen mit auf den Weg gegeben, Antworten auf unterschiedliche pädagogische Fragen zu erarbeiten, insbesondere, ob Hybrid-Unterricht tatsächlich geeignet ist, gerade im ländlichen Raum ein breiteres Kursangebot zu schaffen.

Bildungsverbände und Gewerkschaften sind skeptisch. Als eine bei der KMK angesiedelte Expertenkommission schon vor einem Jahr einschlägige Empfehlungen vorlegte, sprach der Vorsitzende des Verband Bildung und Erziehung Baden-Württemberg (VBE) Gerhard Brand von „Traumtänzerei“. Es gleiche einem Offenbarungseid der Bildungspolitik, wenn Verantwortlichen sonst nichts mehr einfalle.

Vor allem Gemeinschaftsschulen dagegen sehen sich als Vorreiter. In einem Konzeptpapier wurden die Vorteile vor allem für Oberstufen herausgearbeitet, etwa die Stärkung des ländlichen Raums durch die breitere Angebotspalette, die Ressourceneffizienz, weil Oberstufen-Kurse besser ausgelastet werden können, oder die Sicherung hochwertiger gymnasialer Bildungsangebote auch bei Lehrkräftemangel.

Jugendliche profitierten vor allem, weil Begabungen und Neigungen wohnortunabhängig gefördert würden. In jedem Fach ist auch Präsenzunterricht vorgesehen, der zugleich auch digital übertragen wird. „Außerdem sichern die Lernenden ihre Kenntnisse in selbstgesteuerten Lernphasen“, lautet einer der Eckpunkte. Grundlagen aller Fächer würden zum Selbststudium zusätzlich im Online-Format angeboten, und alle Lernenden träfen sich in sogenannten Kompakt-Kursen in Präsenz „zur gemeinsamen Vertiefung“.

Leitfaden für Coronazeit enthält auch viel Allgemeingültiges

Für Lehrkräfte an beruflichen Schulen gibt es schon seit 2021 eine Handreichung des Kultusministeriums. Sie befasste sich ursprünglich mit den Notwendigkeiten, die durch Corona entstanden sind, enthält aber auch Allgemeingültiges, etwa zur Bedeutung der „intuitiven Bedienung“ und der Zuverlässigkeit der digitalen Instrumente.

Auch die „Doppelrolle digitaler Medien“ im Unterricht wird behandelt: „Einerseits sind sie die Mittel, die das Unterrichten im Fernunterricht überhaupt erst ermöglichen. Andererseits können aber innerhalb dieser Rahmenbedingungen zusätzliche Medien eingesetzt werden, um das Erreichen von Lernzielen zu unterstützen oder die Kompetenzentwicklung zu fördern.“

In den Empfehlungen an die KMK werden vor allem die Möglichkeiten für die gymnasiale Oberstufe durch die systematische Einführung hybrider Unterrichtsformate und Selbstlernzeiten herausgestrichen. Denn diese Formen „sollten in einer digitalisierten Welt unabhängig von Mangelsituationen eine zentrale Rolle spielen“.

Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Schüler und Schülerinnen vorher Kompetenzen zum Selbstlernen erworben haben und auf hochwertiges Material zurückgreifen können.

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