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Kolumne: Christoph Sonntag

Wer lacht zuletzt?

Lachen in der Öffentlichkeit hat Seltenheitswert, findet unser Kolumnist Christoph Sonntag. Wehmütig erinnert er sich an frühere Zeiten, als das noch anders war. Aber gegenwärtig fällt einem angesichts von Kriegen und Krisen das Lachen auch schwer. Sein Rat: Etwas Positives entgegensetzen!

Christoph Sonntag schreibt in seiner Kolumne diese Woche über das Lachen.

imago images / STAR-MEDIA)

Kürzlich war ein Tag, an dem ich gar keinen lachenden Menschen gesehen habe. Gut, in der U-Bahn und in der S-Bahn lacht keiner mehr, das weiß ich. Aber ich bilde mir ein, dass ich früher öfters lachende Menschen auf der Straße gesehen hatte. In meiner Kindheit in Waiblingen waren es oft Italiener, die in einer kleinen Gruppe prustend und wiehernd vor dem Haus standen. Mein Opa Oskar, wenn er mit mir unterwegs war, hat immer laut gesungen und alle, die ihm entgegenkamen, mit einem Lachen angesprochen. Ich erinnere mich deshalb so genau, weil ich mich damals dabei furchtbar geschämt hatte. Und später haben sich meine Kinder geschämt, dass ich diese Unart, ich möchte sie mutig „Art“ nennen, von ihm übernommen habe.

Keiner lacht mehr. Gut, man kann sagen, es gibt auch wenig zu lachen: Die Welt brennt, in Nahost und mitten in Europa herrscht Krieg. Die EU ist gespalten und uneins, wir haben in Deutschland keine Regierung mehr, auch keine Mehrheit, während in Amerika der orangene Mann mit Hamster auf dem Kopf die Wahl gewonnen hat. Und seinen Evangelikalen hat er ja schon vor der Wahl mitgeteilt, dass sie nur noch dieses Mal wählen müssen. Anders formuliert: Es ist zum Abhauen, wenn man wüsste wohin.

Aber ich lade mal zu einem Gedankenspiel ein: Es könnte ja auch gut ausgehen? Im Nahen Osten eine Aussöhnung gelingen, der Krieg in der Ukraine enden, mit vielleicht sogar fairem Ergebnis, die EU sich zusammenraufen und Trump die Demokratie in Amerika nicht kaputtmachen, entweder, weil er im Alter milde und klüger wird oder weil es die Demokraten in Amerika nicht zulassen.

S tellen wir uns vor, das tritt alles ein, dann sitzen wir in ein paar Jahren da und schauen uns an und sagen: „…ist ja jetzt unerwarteterweise doch alles gut ausgegangen, schade, dass wir diese Zeit bis dahin nicht gelacht und uns nicht gefreut haben!“

Ich glaube, dass positive Gedanken Positives auslösen. Lassen Sie uns heute alle einmal laut auf der Straße lachen und sehen, was passiert.

Christoph Sonntag, Jahrgang 1962, ist Buchautor, Moderator, diplomierter Landschaftsarchitekt und Kabarettist. Mit seiner „Stiphtung Christoph Sonntag“ stemmt er vor allem in Baden-Württemberg zahlreiche soziale und ökologische Hilfsprojekte. Er trägt den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg und schreibt ab sofort in zweiwöchigem Turnus für den Staatsanzeiger.

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