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Verhalltensforschung

Von Meisen lernen heißt schneller lernen

Ein Milchflaschenklau war einst Ausgangspunkt für Verhaltensforscher, sich mit dem Lernverhalten von Meisen zu beschäftigen. Mit einem interessanten Ergebnis warten jetzt Wissenschaftler aus Konstanz auf: Sie konnten experimentell bestätigen, dass ein Faktor das Lernverhalten dieser Vögel entscheidend beeinflusst: die Einwanderung in eine neue Umgebung.

Eine Kohlmeise pickt an einer Sonnenblume herum. Foto: IMAGO/Erhard Nerger

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Konstanz. Wer, sprichwörtlich, „eine Meise hat“, gilt als ›nicht ganz bei Verstand. Denn altem Volksglauben zufolge wurde Geistesgestörtheit durch Tiere verursacht, die im Kopf des Betroffenen nisteten. Das ist längst überholt. Doch mehr noch: Diese schlauen Vögel brüten, um im Bild zu bleiben, in einer neuen Umgebung auch neue Ideen aus, wie sie an Nahrung kommen können. Nämlich, indem sie von ihren dort ansässigen Artgenossen lernen.

Vor rund 100 Jahren bereits wurden Meisen in einer Stadt in England beobachtet, wie sie Foliendeckel von Milchflaschen öffneten, um an den Inhalt zu gelangen. Bald wurde in ganz Europa festgestellt, dass Vögel Flaschen so traktieren. Waren diese alle selbst darauf gekommen oder hatten sie voneinander gelernt?

Verhaltensforscher der Universität Konstanz haben jetzt bei Kohlmeisen einen Auslöser für soziales Lernen gefunden. Ein Experiment ergab, dass nur ein Faktor ihr Lernverhalten beeinflusst: die Einwanderung. „Sind Meisen in einer neuen Umgebung angekommen, achten sie intensiver auf ihre Artgenossen“, heißt es in einer Mitteilung der Bodensee-Uni. „Dadurch lernen sie rasch ein nützliches Verhalten.“

Eine Studie hat damit erstmals eine Vermutung bestätigt, die Wissenschaftler schon seit Langem hegten: Für Tiere in neuen Lebensräumen ist es vorteilhaft, gezielt von anderen zu lernen. Konkret beobachteten die neu in einer Voliere angekommenen Meisen sehr aufmerksam ihre Artgenossen dort: Und vier Fünftel von ihnen, die überwiegende Mehrheit, änderte sofort ihr Verhalten: „Anstatt ihre erlernte Methode anzuwenden, kopierten die zugezogenen Meisen schon beim ersten Versuch die Lösung der ansässigen Tiere“.

Dies ist der erste experimentelle Beweis dafür, dass Zuwanderung einen starken Einfluss darauf hat, wie Tiere voneinander lernen. „Und in der realen Welt kann dies von großer Wichtigkeit sein“, so die Verfasser der Studie. Deren Hauptautorin Lucy Alpin erklärt: „In der Natur ziehen die Tiere oft von einer Umgebung in eine andere. Daher brauchen sie eine Strategie, um herauszufinden, welche Verhaltensweisen am neuen Ort gut und welche schlecht sind.“

Ob das auf den Menschen übertragbar ist? Besser noch, aber das ist nur unsere eigene, leider experimentell nicht bestätigte, Meinung: Bei ihnen können nicht nur Neuankömmlinge von den Alteingesessenen etwas lernen, sondern auch umgekehrt.

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