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Kolumne: Christoph Sonntag

Vom Lesen und den Folgen

Von früher Kindheit an frönt unser Kolumnist Christoph Sonntag dem Lesen. Das hat ihn darin geschult, in Bildern zu denken. Fehlt heutigen Kindern nicht etwas, wenn sie ständig am Smartphone hängen? fragt er sich und uns - wohl wissend, dass das vielleicht nur müßige Gedanken eines alten weißen Mannes sind.

Christoph Sonntag, Jahrgang 1962, ist Buchautor, Moderator, diplomierter Landschaftsarchitekt und Kabarettist. Mit seiner „Stiphtung Christoph Sonntag“ stemmt er vor allem in Baden-Württemberg zahlreiche soziale und ökologische Hilfsprojekte. Er trägt den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg. Kolumne: An dieser Stelle schreiben jede Woche wechselnde Kolumnisten für den Staatsanzeiger.

imago images/STAR-MEDIA)

Ich gehöre zu den Menschen, mit denen man als Kind noch geredet hat und sich deshalb die heute übliche, aufwändige Fahrerei des Nachwuchses zum Sprachtherapeuten erspart hat. Abgesehen davon, dass man damals nicht wusste, was ein Sprachtherapeut ist und erst recht kein sinnloses Geld für ihn ausgegeben hätte.

Meine Mutter hat Bücher verschlungen und uns bei jeder Gelegenheit, in Kindersprache transponiert, erzählt, was im Buch steht. Ich war noch keine sieben Jahre alt, da wusste ich bereits, dass John Steinbeck einer meiner Lieblingsautoren werden würde.

Als Kind über einen Pudel mit Propeller phantasiert

Meine Mama erzählte mir die ganze Geschichte aus „Die Straße der Ölsardinen“, ließ aber die Prostituierten und den Alkoholismus, der das Buch durchzieht, weg. Mit 14 oder 15 Jahren habe ich das Buch dann selbst gelesen. Besonders beeindruckt haben mich die Prostituierten und der Alkoholismus.

Unter meinen ersten Schulaufsatz in der zweiten Klasse schrieb meine Lehrerin, Frau Randow: „Das wird mal ein Bücherschreiber“. Ich erzählte darin von einem Pudel, der sich auf seinen Rücken einen Propeller hat montieren lassen, damit er durch die Luft fliegen kann, den Rest habe ich vergessen.

Vergnügen an Worten und Satzzeichen haben

Kurz: Ich wurde früh mit Texten und Märchen übergossen und so darin geschult, in Bildern zu denken. Bei „Jorinde und Joringel“ etwa haben mich die Namen fasziniert, die Hexe, die unsichtbare Wand vor dem Schloss, die Blume mit der Zauberperle und siebentausend zu Vögeln verwandelte Jungfrauen. Heute bin ich Kabarettist und habe mein Vergnügen an Worten und Satzzeichen. Somit auch an der Formulierung, siebentausend Jungfrauen zu Vögeln. Zu verwandeln.

Wenn heutige Kinder den ganzen Tag am Smartphone hängen und keinen oder kaum Bezug zu Büchern haben fehlt ihnen etwas. Das halte ich für ausgesprochen schlecht, auch, wenn man mich jetzt für einen technologiefeindlichen, alten weißen Mann hält. So, jetzt muss ich schließen, da liegt ein spannender Roman auf dem Nachttisch…

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