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So sollen Kommunen Regeln aussetzen können
Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat im Landtag ein Regelungsbefreiungsgesetz angekündigt. Damit sollen Kommunen und Kommunalverbände Anträge stellen können, um juristische Standards zu vereinfachen, solange auch so das Ziel des Gesetzes erreicht wird. Grenzen möchte das Land weniger bei inhaltlichen Fragen ziehen. Zwar bilden Rechte Dritter oder das Gemeinwohl Schranken, die einen Dispens ausschließen, doch so lange es um ein Landesgesetz geht, sind auch Anträge möglich, dessen Vorgaben zu umgehen.
Wie funktioniert die Befreiung von Regulierung genau?Bürgermeisterinnen, Landräte oder die kommunalen Landesverbände holen sich die Erlaubnis, in einem bestimmten Rechtsgebiet von einem Standard abzuweichen. Das Ministerium, das für das Rechtsgebiet zuständig ist, prüft den Antrag. Wichtig ist, dass trotz der Abweichung der Schutzzweck des Standards erreicht wird. Ein Nein soll inhaltlich nur dann möglich sein, wenn die gesetzliche Aufgabe nicht erfüllt wird.
Wenn Anträge geschrieben und von Ministerien geprüft werden, klingt das nach Verwaltungsaufwand.Diese Gefahr sieht der Landkreistag. Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski will im kommenden Anhörungsverfahren besonders darauf achten, dass die bürokratischen Hürden so niedrig wie möglich gehalten werden. Er und die Kollegen vom Städtetag plädieren für eine Genehmigungsfiktion: Wenn sich ein Ministerium nach einer bestimmten Frist zum Entlastungsantrag nicht äußert, ist er automatisch genehmigt.
Wie stehen die Kommunalverbände zu den Vorschlägen?Von ihnen kommt grundsätzliche Zustimmung. So ein Gesetz stand bereits in den Verhandlungen zur Entlastungsallianz in der Rede. Es geht offenbar auf einen Vorschlag des Landkreistags zurück und spiegelt die Städtetagsidee des Erprobungsparagrafen wider, bei dem im Kindergartenwesen Standards der pädagogischen Bildung zur leichteren Personalgewinnung gesenkt werden. Von einer Chance auf eine größere Flexibilisierung kommunalen Handelns spricht der Gemeindetag. Übrigens lobt auch der Minister selbst die Idee, der in einem Statement den Erprobungscharakter hervorhebt. Das Gesetz soll längstens bis Ende 2031 gelten. Der Landtag soll jährlich über die Anträge informiert werden.
Also sind alle mit dem Vorhaben zufrieden?Es gibt auch Kritikpunkte. Wichtig ist dem Gemeindetag zum Beispiel die Breitenwirkung. Erfolgreiche Ausnahmen sollen verallgemeinert werden können. Insofern könnte das geplante Gesetz etliche Regeln obsolet machen. Allerdings sei bislang die Frage der Haftung nicht geklärt – wer muss den Kopf hinhalten, wenn durch eine genehmigte Vereinfachung ein Schaden entstanden ist? Der Landkreistag kritisiert die Grenzziehung, wenn Rechte Dritter, also etwa Bürger, betroffen sind. Diese Stellschraube könnte noch mehr Deregulierung schaffen. Der Städtetag stößt ins gleiche Horn und mahnt das Land, nicht mit der Deregulierung zu nachzulassen.
Machen die Kommunen bei der Deregulierung durch so ein Gesetz die Arbeit des Landes?Das sehen die Kommunalverbände als ein großes Plus dieses Gesetzes. Die Entlastung könne von der Basis gestaltet werden, sodass noch völlig unklar sei, welche Potenziale geschöpft werden, so der Städtetag. Die Verbände freuen sich schon auf das Gesetzgebungsverfahren.
Vorbilder in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
Die Idee des kommunalen Regelungsbefreiungsgesetzes ist nicht neu und wurde bereits in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg angewandt. An der Ostsee galt es ab 2010 fünf Jahre lang. Vereinfachungen gab es zum Beispiel bei Wahlen. Leiter der Katasterämter mussten keine Beamten sein. In Brandenburg bekamen Schulträger eine Stimme in der Schulkonferenz. Allerdings blieb der Erfolg dort hinter den Erwartungen zurück. So gab es in Brandenburg Jahre, in denen gar keine Anträge auf Verwaltungserleichterungen gestellt wurden.