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U-Ausschuss zur Polizeiaffäre

Zeugen zeigen problematisches Bild von der Führungskultur in Polizei und Ministerium

Die jüngste Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Polizeiaffäre offenbart einen "unmöglichen Umgang mit Menschen", so die FDP-Obfrau Julia Goll. Auch die anderen Fraktionen zeigten sich entsetzt angesichts der Aussagen. 

Der U-Ausschuss zur Polizeiaffäre wird fortgesetzt.

dpa/Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Mit schweren Vorwürfen gegen das Innenministerium, gegen Vorgesetzte und den früheren Inspekteur der Polizei (IdP) Andreas Renner hat der ehemalige Vizechef des Sondereinsatzkommandos (SEK) in Göppingen eine neue Debatte über interne Zustände und losgetreten. Zumindest Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz sieht sich wieder mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

„Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich hier über die Auswirkungen auf meine Psyche berichte, aber das Opfer muss sich für sein Leid nicht schämen.“ Manuel Marintsch ist der dritte Zeuge an diesem 30. Sitzungstag im Polizei-Untersuchungsausschuss des Landtags, einer, den die Abgeordneten lange nicht vergessen werden. Denn der Spitzenbeamte, heute Chef von 130 Beschäftigen im Revier Nürtingen, schildert seine kurzen fünf Monate beim SEK und vor allem deren Ende 2021 als Albtraum. Unter Tränen habe er Renner gebeten, ihm seine plötzliche Ablösung zu begründen. Antworten hat er nicht bekommen, sondern nur den lapidaren Hinweis auf ein „Grundstörgefühl im Innenministerium“, das mit ihm persönlich nichts zu tun habe, aber eine Neubesetzung notwendig mache.

Niemand wollte Gründe für Versetzung nennen

Zu keiner Zeit, sagt der Zeuge, habe es Kritik an ihm gegeben, nicht andeutungsweise und in einem eigentlich für solch einen Fall vorgesehenen Personalgespräch. Und weder Renner noch der damalige Polizeipräsident Einsatz Ralph Papcke oder der damalige stellvertretende Landespolizeipräsident Dietrich Moser von Filseck hätten ihm seine Versetzung erklären wollen. Stattdessen musste er sich von Renner auch noch demütigen lassen, weil der es „schon süß“ gefunden habe, „wie sich die SEKler“ gegen die Ablösung engagiert hätten und „in ihren Stramplern angetreten sind“. Er habe auch keine Möglichkeit gehabt, sich rechtlich zu wehren, berichtet Marintsch weiter, denn „der Dienstherr kann einen nach Gusto in ganz Baden-Württemberg verwenden“.

Bis heute weiß der 48-Jährige nicht, warum konkret er gehen musste. Monatelang litt er unter erheblichen  psychischen Problemen, unter Weinattacken, anlasslos oder, wenn er mit der Familie am Gelände des SEK vorbeigefahren sei und seine Tochter gefragt habe, warum er da nicht mehr arbeite. Hilfe ist ihm nie angeboten worden. Das SEK verteidigt der Spitzenbeamte mit Erfahrungen auch im Landesamt für Verfassungsschutz damals wie heute gegen „die völlig falschen Unterstellungen“, es gebe dort rechte Umtriebe. Renner habe darauf nur geantwortet, „ich solle doch froh sein, dass es so ist“.

FDP-Obfrau Goll spricht von unmöglichem Umgang mit Menschen

Auch die beiden anderen Zeugen, die ebenfalls schnell wieder abgelöste Marintsch-Nachfolgerin Anja Katzmann und sein früherer Chef Rochus Denzel, zeichnen ein problematisches Bild von der Führungskultur in Polizei und Ministerium. Denzel, der ebenfalls keine konkreten Gründe für seine Versetzung 2021 genannt bekam, mutmaßt, dass Auslöser ein Gespräch war, in dem er mit seiner Kritik an Vorgesetzen nicht hinter dem Berg hielt.

Von einem „unmöglichen Umgang mit Menschen“ und „menschlich unterirdischen Verhaltensweisen“, spricht FDP-Obfrau Julia Goll, sie habe „nie gedacht, dass das bei uns möglich ist“. Ihr Grünen-Kollege Oliver Hildenbrand erinnert an Vorwürfe gegen den Ausschuss wegen seiner ausführlichen Befassung mit dem SEK. Jetzt sei aber „ein krasser Umgang mit dem eigenen Spitzenpersonal“ offenbar geworden: Eine Führungskraft breche in Tränen aus, „und unvorstellbar: Niemand hat sich darum gekümmert“.

„Ich bin empört“, so Boris Weirauch (SPD), über dem Umgang mit Menschen, die an diese Polizei geglaubt hätten und heute gebrochen seien, mit „Menschen, die jeden Tag für unsere Sicherheit sorgen“. Das sei aus politischer Sicht unhaltbar. Spätestens heute müsse wieder über personelle Konsequenzen im Innenministerium nachgedacht werden, „auch für Frau Doktor Hinz“ und alle anderen Beteiligten. Keiner der anderen Obleute mochte widersprechen, auch nicht Hans-Jürgen Goßner (AfD) oder Christiane Staab (CDU). „Heute ist deutlich geworden, wie groß der Bedarf ist, das Thema Führung in den Fokus zu nehmen“, resümiert die CDU-Obfrau nach der achtstündigen Ausschusssitzung. Und sie verlangt, dass „diese Führungskultur von ganz oben gelebt wird.“

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