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Wie sich die Schuldenbremse aufs Land auswirkt, ist offen

Hans-Ulrich Rülke ist der Ansicht, dass die Grundgesetzänderung unzulässig in die Rechte des Landtags eingreift.
dpa/SZ Photo/Jens Schicke)Stuttgart/Berlin. Alle Beschlüsse waren noch nicht in trockenen Tüchern, als Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ankündigte, dass die Öffnung der Schuldenbremse der Länder von 0,35 Prozent des BIP für Baden-Württemberg aktuell ungenutzt bleiben werde. „Wir haben erst einmal nicht vor, den Doppelhaushalt wieder aufzurufen“, sagte Kretschmann nach der allwöchentlichen Kabinettsitzung am Dienstag.
Zugleich stellte er klar, dass entgegen der landläufigen Meinung keine neuen Schulden beschlossen sind, sondern lediglich der Rahmen zur Schuldenaufnahme erweitert worden ist. „Ob die Möglichkeit gezogen wird, liegt im Ermessen der Parlamente“, sagte Kretschmann. Der FDP reicht diese Form des Mitspracherechts jedoch nicht aus. In drei Bundesländern sind die Liberalen vor die Verfassungsgerichte gezogen, um im Eilverfahren die Zustimmung im Bundesrat zu verhindern.
Die Kommunalen Landesverbände bereiten sich vor
„Die Antragstellerin“, erläutert der Verfassungsgerichtshof Baden-Württemberg, „ist der Auffassung, die vom Deutschen Bundestag beschlossene Änderung der Regelung über die sogenannte Schuldenbremse in Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz komme einer Änderung der Landesverfassung gleich, ohne dass das Landesparlament daran beteiligt werde.“ Hans-Ulrich Rülke, der FDP-Landes- und Fraktionschef, argumentiert mit der Tragweite der Abstimmung in der Länderkammer: „Das kann man nicht auf kaltem Wege über die Köpfe der Landesparlamente hinweg tun.“ Die Entscheidung wurde bis zum Redaktionsschluss nicht bekannt.
Unabhängig davon bereiten sich die kommunalen Landesverbände darauf vor, dass die Mittel fließen und haben genaue Vorstellungen davon, wie sie fließen müssen. Der Städtetag kann sich zweckgebundene Budgets vorstellen, „etwa für Bildung, für Klimaschutz, für Verkehrsinfrastruktur, für die Umsetzung der Wärmewende et cetera“, sagt Ralf Broß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied auf Anfrage des Staatsanzeigers. Weiter offen jedoch sei die Kernforderung nach einer grundlegenden und strukturellen Neuordnung von Aufgaben und deren Finanzierung.
Gemeindetag: Gelder müssen schnell und unkompliziert ankommen
Der Grundsatz, „dass die Gelder schnell und unkompliziert in den Kommunen ankommen müssen“, habe bei allen Investitionsmitteln zu gelten, verlangt auch Jäger. Konkret heiße dies: „Ohne neue bürokratische Vorgaben und ohne komplizierte Förderprogramme mit zig Beschränkungen, sondern im Vertrauen darauf, dass vor Ort am besten zu entscheiden ist, wo Prioritäten liegen.“ Und es sei neu zu definieren, „was Kernaufgaben des Staates sind und wo er sich zugunsten einer wieder stärker eingeforderten Eigenverantwortung etwas zurückziehen muss“.
Für den Landkreistag spricht sich Hauptgeschäftsführer Alexis von Komorowski ebenfalls für eine Grundsanierung der kommunalen Finanzen und eine Erhöhung des kommunalen Umsatzsteueranteils aus. „Dem Grund nach“ seien die Kreise mit den Entscheidungen zufrieden. Es brauche aber dringend mehr Mittel zum Abbau des kommunalen Sanierungsstaus, für Investitionen in Schulen, in Krankenhäuser sowie Straßen und Brücken oder den Glasfaserausbau.
Niedrigere Mehrwertsteuer in der Gastronomie hätte Konsequenzen
Kretschmann wiederum lenkte den Blick bereits auf mögliche Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. Allein die von CDU und CSU favorisierte und in den Sondierungen bereits festgehaltene Absenkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie würde nach seinen Worten in Baden-Württemberg mit Einnahmeausfällen von einer halben Milliarde Euro für Land und Kommunen einhergehen.
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Verhandler aus dem Land
Innerhalb von zehn Tagen sollen in 16 Arbeitsgruppen die Grundlagen für die Koalition zwischen Union und SPD erarbeitet werden. Zahlreiche Politiker aus dem Land sind dabei vertreten. CDU-Landeschef Manuel Hagel hat den Co-Vorsitz beim Digitalen, SPD-Landeschef Andreas Stoch verhandelt im Bereich Bildung und Forschung mit. Außerdem dabei sind für die CDU: Andreas Jung, Steffen Bilger, Christina Stumpp, Nina Warken, Alexander Throm, Felix Schreiner, Johannes Fechner und Thomas Bareiß. Für die SPD verhandeln Katja Mast, Rita Schwarzelühr-Sutter, Nils Schmid und Isabel Cademartori. (sta)