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Wie kann man Erzieherinnen in den Kitas besser einsetzen?
Stuttgart. Die schwierige Lage hat Thomas Poreski bei der Verabschiedung der Deregulierungen Ende November im Landtag beschrieben. „Wir reden über die Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes, weil in Baden-Württemberg laut Bertelsmann- Stiftung perspektivisch rund 60 000 Betreuungsplätze im frühkindlichen Bereich fehlen“, so der Bildungsexperte der Grünen-Fraktion.
Denn zum vorhandenen Personal müssten weitere 16 800 Fachkräfte eingestellt werden, „die wir aber auch nicht haben, weil wir es uns gesellschaftlich und volkswirtschaftlich nicht leisten können, auf Fachkräfte, wie es Mütter und Väter sind, zu verzichten, nur weil sie keinen Betreuungsplatz für ihr Kind haben“. Der zuständige Staatssekretär im Kultusministerium Volker Schebesta (CDU) geht davon aus, dass die ersten neuen Konzepte ab Herbst 2024 angewendet werden, unter Anwendung der Grundlagen des Sozialgesetzbuchs (SGB) VII und damit den weiterhin unberührt bleibenden Vorgaben im Kinderschutz.
Karlsruhe will unter anderem die Inklusion ausbauen
Vorarbeiten haben jene zwölf Städte geleistet, die seit 2021 im Rahmen des Landesprogramms „Trägerspezifische innovative Projekte“ (TiP) neue Konzepte zur qualitativen und quantitativen Entwicklung der Kindertagesbetreuung erproben. In Esslingen arbeiten multiprofessionelle Teams, in Ravensburg treffen sich alle Träger schon seit mehr als zwei Jahrzehnten, gegenwärtig mit dem zentralen Anliegen, möglichst attraktiv für Fachkräfte zu bleiben. Karlsruhe will unter anderem Inklusion weiter ausbauen, Herbolzheim „die Möglichkeiten einer wirklichen Erziehungspartnerschaft noch intensiver ausschöpfen“.
In allen Vorreiter-Kommunen, berichtet Lachat, betonen Verantwortliche die Bedeutung gelockerter Regelungen in Kombination mit der Sicherung der Qualität. Auch in der Anhörung zu den neuen gesetzlichen Bestimmungen betonten die Vertreter des Städtetags Fragen der Betreuungsqualität. Gerade eine Beteiligung der Menschen in den Städten und Gemeinden an neuen Konzepten biete „die beste Gewähr“ dafür, dass die Qualität, die erreicht werden könne, auch tatsächlich erreicht werde.
Städtetag beansprucht Urheberschaft für die Idee
Sie habe „überhaupt keine Bedenken“, erklärt Christiane Staab, die frühere Bürgermeisterin und Bildungsexpertin der CDU-Landtagsfraktion. Es gehe „doch um unsere Kinder, und niemand vor Ort wird sagen, es ist uns wurscht, was in den Kitas passiert“. Schon allein deshalb sei sichergestellt, dass alle zusammenarbeiten und gute Konzepte entstünden.
Der Städtetag Baden-Württemberg, der die Urheberschaft beansprucht für den Zukunftsparagraphen, der inzwischen Erprobungsparagraph heißt, ist die Hoffnung groß, insbesondere „den Personaleinsatz neu zu denken“. Schebesta sieht Spielraum schon allein deshalb, weil Baden-Württemberg in den Kitas mit einer Fachkraft für 6,4 Kinder die Empfehlung von eins zu 7,5 übertrifft und bundesweit mit diesem Personalschlüssel auf Platz eins steht. Jetzt erwarte er aber auch, dass die neuen Möglichkeiten vor Ort wahrgenommen werden.
Nachweis neuer Zeitkonzepte ist erforderlich
Gesetzlich geklärt sind die weiteren Abläufe. Kommunen müssen die Beteiligung und damit die gemeinsame Erarbeitung von neuen Zeit-konzepten, vom veränderten Einsatz des Fachpersonals und/oder von Helfern vor Ort, etwa aus Vereinen und Verbänden, nachweisen.
Und sie müssen schriftlich versichern, dem Kindeswohl weiter Rechnung zu tragen. Dann soll dem Antrag stattgegeben werden, heißt es in der Gesetzesnovelle. Genehmigt werden Erprobungen für die Dauer von bis zu drei Jahren. „Will der Träger das erprobte Modell im Anschluss fortführen, hat er dem Verlängerungsantrag eine Darstellung und Bewertung der Maßnahmen beizufügen, aus denen sich der Nachweis der Wirksamkeit ergibt“, schreibt das neue Kinderbetreuungsgesetz vor. Ralf Broß, geschäftsführendes Verstandsmitglied im Städtetag, bedankte sich sogar bei der Landesregierung. Denn die setze Vertrauen in die Lösungskompetenzen der Städte und Gemeinden. Damit werde Zukunft möglich gemacht“.
Die Skepsis unter Erzieherinnen ist groß
Es gehe nur noch um Betreuung, nicht mehr um frühkindliche Bildung, kritisierte die Vorsitzende des Berufsverbands für Kita-Fachkräfte Anja Braekow .
Es sei „pure Augenwischerei“, dass der Südwesten vergleichsweise gut dastehe. „Die Zahlen zeigen Krankheitsausfälle, Urlaubsabwesenheiten, kurzfristige Kündigungen, Fehltage wegen notwendiger Weiterbildungen, Zeiten, in denen pädagogische Fachkräfte kehren und putzen müssen, Dokumentationsarbeiten und vieles mehr, ausdrücklich nicht.“