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Warum Staatsminister Florian Stegmann ein glücklicher Mensch ist
Stuttgart. Der Innenminister Thomas Strobl (CDU) zitiert den Künstler Albert Camus: „Sisyphos war ein glücklicher Mensch.“ Das vergebliche Hinaufschieben eines Felsbrockens auf einen Berg als Allegorie für den Kampf gegen Bürokratie? Aber der lyrische Vergleich passt zur guten Stimmung im Regierungslager.
Denn mit dem dritten Entlastungspaket wurden dann insgesamt 170 Ärgernisse von Unternehmen, Kommunen oder Privatpersonen aufgegriffen. Oft sind es Kleinigkeiten, wie eine wegfallende Genehmigung für temporären Bierausschank auf Volksfesten. Aber es geht auch ums Grundsätzliche. „Der Druck auf die Wirtschaft und Kommunen ist enorm“, sagt der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Der Druck erzeugt Reibung. Es liegt an seinem Staatsminister Florian Stegmann (Grüne), die widerstreitenden Interessen zusammen zu führen, die in dem Format der „Entlastungsallianz“ regelmäßig tagen. Nun hat man sich geeinigt.
Grün-Schwarz will Gesetze nicht noch zusätzlich verkomplizieren
Das wichtigste ist für alle eine Selbstverpflichtung, Gesetze aus Brüssel und Berlin nicht mit „Gold Plating“ noch aufzusatteln. „Das ist ein Signal, dass die Politik breit ist, die Rechtsetzung als Ganzes neu auszurichten“, lobt Steffen Jäger (CDU), der Präsident des Gemeindetages, „das verdient Anerkennung.“ Die Kommunen werden vielfältig entlastet.
Ausschreibungen können teils bis zu 100 000 Euro freihändig per Direktvergabe erfolgen. Mit einem Standard-Erprobungsgesetz können sie Regelungen aussetzen, etwa bei der Kinderbetreuung. Und auch ein großer Kostenfaktor sind einfachere und schlankere Regelungen bei der Heimunterbringung; Weniger Vorgaben, Kontrollen. Dazu ganz sollen grundsätzlich Genehmigungsverfahren schneller werden. In der Landesbauordnung gilt die so genannte Genehmigungsfiktion: Alles, was nicht nach drei Monaten beschieden ist, gilt als genehmigt. Viele Dokumentationen und Berichtspflichten werden stark zurück geschnitten.
Einen Kommentar dazu lesen Sie hier.
Lob kommt auch von der Wirtschaft
Beim Handwerks-Dachverband betont der Geschäftsführer Peter Haas, dass noch mehr Entlastungen wünschenswert sei, doch der Verzicht auf „Gold Plating“ sei sogar „beispielgebend für eine nächste Bundesregierung“. Auch Staatsminister Florian Stegmann, der im Sommer wegen eines umstrittenen Briefes an die Landtagsfraktion noch in der Kritik stand, freut sich nun: „Wir haben das richtige Werkzeug gewählt. Mit der Entlastungsallianz gewinnt der Bürokratieabbau deutlich an Tempo.“
SPD ist skeptisch, was die konkrete Umsetzung angeht
Nicht alle stimmen in den Lobeschor mit ein. Der SPD-Rechtsexperte und Abgeordnete Boris Weihrauch sagt: „Bürokratieabbau kann nur gelingen, wenn die grün-schwarze Landesregierung nicht im Wochentakt ein neues Paket verkündet, sondern auch endlich in die konkrete Umsetzung kommt.“ Bislang sei die Landesregierung nicht gerade als Vorreiter bei dem Thema aufgefallen.
Und es sind noch einige neue Gesetze in der Pipeline, bei denen Kritiker schon wieder neue Bürokratie vermuten. Das vor allem von grüner Seite gewünschte Gleichbehandlungsgesetz soll noch kommen, Stegmann sagte dazu auf der Landespressekonferenz: „Wir sind in Gesprächen.“
Drohen schon neue bürokratische Gesetze?
Der Industrie- und Handelskammertag BWIHK kritisiert erneut das von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) geplante Mobilitätsgesetz: ist. „Der Mobilitätspass birgt mit der City-Maut unkalkulierbare Risiken für die Innenstadtwirtschaft und belastet Unternehmen pauschal beim Modell Arbeitgeberabgabe.“
Wie diese Gesetze ausgestaltet werden, das wird in der Koalition noch verhandelt, vermutlich wieder als Paketlösung. Thomas Strobl vermutet jedenfalls nach Albert Camus: „Auch Herr Stegmann ist immer noch ein glücklicher Mensch.“