Wagenknechts Partei wird vom Land aus gegründet
Stuttgart. Gut 15 Mitglieder haben am Montag in der Landesgeschäftsstelle ihren Austritt erklärt. Kein Massnexodus, aber natürlich spürt man auch im Südwesten die angekündigte Abspaltung von Sahra Wagenknecht. Eine Bundestagsabgeordnete, Jessica Tatti aus Reutlingen, gehört zu den Abtrünnigen. Sie hat auf Facebook die allgemeine Erklärung der zehn Wagenknecht-Anhänger veröffentlicht. Das sorgt für heftige Reaktionen. „Ich bin schwer enttäuscht über die Art und Weise des Konflikts, und wie er von beiden Seiten geführt wurde“, heißt es da.
Die beiden Landessprecher Sarah Mirow und Elwis Capece fordern sie auf, ihr Mandat niederzulegen: „Aus der Partei auszutreten und gleichzeitig das Bundestagsmandat behalten zu wollen – das ist politisch unlauter und den Beschäftigten in der Bundestagsfraktion gegenüber zutiefst verantwortungslos.“ Tatti lehnt das ab, sie bleibt im Bundestag.
Gegenüber dem Staatsanzeiger sagt Capece: „Ich bin Gewerkschafter, ich sehe die Lage differenziert.“ Der Austritt sei ein Neuanfang und die Chance, endlich wieder mit inhaltlichen Themen durchzudringen. „Das ist zuletzt nicht gelungen, wie man im hessischen Landtagswahlkampf gemerkt hat“, sagt er, „es ging nur um den Streit mit Wagenknecht.“ Zur neuen Partei BSW sagt er nur: „Da wird erkennbar populistisch nach rechts geblinkt.“ Aus seiner Sicht der falsche Weg.
Eine Chance für den Neuanfang der Linken?
Die Linke im Land, die nicht im Landtag vertreten ist, will sich jetzt auf Inhalte konzentrieren, die Europawahl vorbereiten – und für die Kommunalwahl in möglichst vielen Städten antreten. „Nur dort, wo Menschen glaubhaft für linke Politik stehen“, sagt der Landessprecher. Bislang seinen keine prominenten Stadträte übergelaufen.
Dass der neue Verein „Bündnis Sahra Wagenknecht“, der als Vorläufer der neuen Partei gilt, am Amtsgericht Mannheim registriert und in Karlsruhe gemeldet ist, hat einen Grund. Denn dessen Schatzmeister und organisatorischer Kopf ist der Karlsruher Unternehmer und Millionär Ralph Suikat.
Er ist erstmals vor der Bundestagswahl 2021 öffentlich aufgefallen: Damals hat sich Suikat nicht nur als reich geoutet, sondern einen Appel an Union, SPD, Grüne und FDP gerichtet: Sie sollten ernstnehmen, dass es verantwortungsbewusste Millionäre gebe, „die selbst gern Privilegien aufgeben, damit es anderen besser geht“.
Das Fass zum Überlaufen brachte für ihn eine Fotomontage, die die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock als Moses mit den Steintafeln zeigt. Eines der zehn Gebote lautet: „Du darfst Deine Arbeitsverhältnisse nicht frei aushandeln“ ein anderes: „Du darfst noch weniger von deinem Geld behalten, obwohl du jetzt schon hohe Steuern zahlst.“
Der Schatzmeister kommt aus Karlsruhe
Bei den etablierten Parteien hat seine Anregung seinerzeit nichts gefruchtet. Deshalb saß er am Montag dieser Woche in der Bundespressekonferenz in Berlin. Wagenknecht stellte ihn als Schatzmeister des neuen Vereins vor. Er bemüht das dänische Sprichwort, wonach „der größte Schritt der durch die Tür“ ist. Davon hat er schon mehrere erfolgreich hinter sich gebracht.
Aufgewachsen ist „der badische Vorzeigereiche“, wie seine Heimatzeitung „Badische Neueste Nachrichten“ ihn nennt, in der Karlsruher Südweststadt als Sohn einer Beamtenfamilie. Abitur, Studium, mit 28 die nächste Tür, er gründete noch vor der Diplomierung als Verwaltungswirt ein eigenes Unternehmen mit einer neuentwickelten Software für Kanzleien und Insolvenzverwalter.
Inzwischen hat er sein Unternehmen verkauft, unterstützt aber Start Ups, will als „Impact Investor“ andere Vermögende animieren, ihr Geld sinnvoll anzulegen. Er will den Mittelstand entlasten – eine ungewohnte Forderung für eine linke Partei. Gleichzeitig will er die Vermögenssteuer wieder einführen. In einer Stellungnahme lobt Suikat die Hauptfigur: „Sahra Wagenknecht ist eine authentische, ehrliche und wirtschaftlich kompetente Politikerin.“
Was sagt die AfD zur Konkurrenz?
Beim AfD-Landesverband vermeldet man keine Aus- oder Übertritte. Die Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier und Emil Sänze verteilen aber schon mal Kritik an die neue Konkurrenz: „Wagenknechts wirtschafts- und sozialpolitische Ansätze sind im Kern sozialistisch.“ Es werde „haarig werden“, sobald sie konkrete Positionen formulieren müsse. Zuwanderung werde auf der Website des BSW als „Bereicherung“ bezeichnet, zudem habe sie eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Frohmaier: „Insofern bin ich optimistisch, dass unsere Stammwähler lieber bei uns bleiben.“
Ärger für Wagenknechts Schatzmeister Ralph Suikat
Der erste Ärger droht schon für Ralph Suikat, den neuen Schatzmeister des Vereins „Bündnis Sahra Wagenknecht“ – ausgerechnet mit der Initiative Taxmenow, die er 2021 selbst mit angeschoben hat und die höhere Steuern für Reiche fordert. Denn die Initiative veröffentlicht eine Stellungnahme auf ihrer Homepage. Das parteipolitische Engagement des Mitbegründers sei „für uns überraschend“ gekommen, Taxmenow aber „weltanschaulich und parteipolitisch neutral“, mit Mitgliedern aus dem gesamten demokratischen politischen Spektrum: „Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir keine Anfragen zu Ralph Suikat und seiner parteipolitischen Aktivität beantworten können.“