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Zehn Jahre Nationalpark Schwarzwald

Vom Feindbild zum Erfolgsmodell

Vor zehn Jahren wurde der Nationalpark Schwarzwald eingerichtet. Am 3. Mai fand das Eröffnungsfest statt. Im Vorfeld gab es heftigen Streit darüber, ob, wo und in welcher Größe so ein Schutzgebiet eingerichtet werden soll, nicht zuletzt unter den Landtagsfraktionen. Nun soll das Gebiet erweitert werden.

Totholz ist ein wichtiger Lebensraum für Käfer und Pilze.

Nationalpark Schwarzwald)

Seebach. Das Klopfen der Spechte ist weithin zu hören. Falken und Kolkraben streiten sich um die besten Nistplätze. Feuersalamander sind zu beobachten. Im Totholz leben zahlreiche Käfer und auch seltene Pilzarten wie etwa die zitronengelbe Tramete haben ihren Platz im Nationalpark Schwarzwald gefunden. Selbst 20 Prozent aller Auerhühner im Schwarzwald leben in dem Schutzgebiet.

„Im Schwarzwald ist es gelungen, einen Nationalpark zu realisieren, der zu einem wertvollen Rückzugsort für viele Arten und ein echtes Pfund für die Region geworden ist“, sagt Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). In dem Schutzgebiet, das gerade mal ein Prozent der Landesfläche umfasst, wurden innerhalb der ersten zehn Jahre seines Bestehens bereits mehr als 9000 Arten nachgewiesen. „Das sind fast 30 Prozent aller Artengruppen des Landes“, so Walker mit Blick auf die Biodiversität. So gibt es im Nationalpark wieder Brutpaare des Dreizehenspechts, der im Schwarzwald eigentlich schon als ausgestorben galt.

Pro Jahr mehr als 750 000 Besucher gezählt

Der Nationalpark mit seinem Besucherzentrum am Ruhestein, den vielen Wander- und Radwegen, den Themenpfaden und den Führungen mit den Rangern ist längst zu einem Tourismusmagneten für die Region geworden. Pro Jahr werden inzwischen mehr als 750 000 Besucher gezählt, Tendenz steigend. Und davon profitiert auch die Region.

Doch der Weg zur Einrichtung des Nationalparks war lang und steinig. Erste Pläne dazu hatte bereits die frühere CDU-Umweltministerin Tanja Gönner in der Schublade. Doch erst die grün-rote Koalition ging an die Umsetzung, suchte nach einem geeigneten Gebiet. Denn ein Nationalpark soll mindestens 10 000 Hektar umfassen. Im Nordschwarzwald lies sich das auf zwei Teilgebieten in Landesbesitz realisieren, wobei die Stadt Baden-Baden auch noch Stadtwald dazugab.

Die Einrichtung eines Nationalparks war anfangs umstritten

Das entsprechende Gesetz wurde 2013 im Landtag gegen die Stimmen der Opposition von CDU und FDP verabschiedet. Die FDP stellte sich damals komplett gegen einen Nationalpark und sprach sich stattdessen für ein weiteres Biosphärengebiet aus, was später im Südschwarzwald realisiert wurde. Aus der CDU kamen Vorschläge, den Nationalpark auf einer deutlich kleineren Fläche zu verwirklichen. Unterstützt wurde sie dabei von Vertretern der Sägeindustrie und der Bürgerinitiative „Unser Nordschwarzwald“. Während bei Befragungen sich die Menschen in Baden-Württemberg überwiegend für die Einrichtung eines Nationalparks ausgesprochen haben, gab es aber einzelne Kommunen in der Region, die sich dagegen stellten. Noch vor der Landtagswahl 2016 erklärte der damalige CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf in einer Landtagsdebatte, dass man den Nationalpark im Fall eines Wahlsieges nicht wieder zurückdrehen, aber optimieren wolle. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach damals davon, dass man den Nationalpark nicht wieder völlig abwickeln, ihn aber möglicherweise verkleinern werde.

Inzwischen stehen die Kommunen hinter dem Nationalpark. Das zeigt sich auch daran, dass der Nationalparkrat, in dem die Kommunen aus der Region mit Sitz und Stimme vertreten sind, sich für eine Weiterentwicklung und einen Lückenschluss ausgesprochen hat. Denn der Nationalpark besteht seit der Gründung aus zwei Teilgebieten. Die größere Fläche liegt rund um den Ruhestein mit dem Nationalparkzentrum, die kleinere nördlich davon um den Hohen Ochsenkopf. Dazwischen liegt der Wald der Murgschifferschaft. Nach zehn Jahren bereitet das Land nun einen Waldtausch vor. Eine Erklärung zum weiteren Vorgehen haben Umweltministerin Thekla Walker und der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Murgschifferschaft, Burkhard Freiherr von Ow-Wachendorf, Anfang April unterzeichnet. Zugleich wollen die Murgschiffer die Anteile des Landes an der Genossenschaft erwerben.

Wegekonzept wurde vereinbart

Auch die Erweiterung des Nationalparks hatte im Vorfeld für Unruhe gesorgt. Hundsbach, ein Ortsteil von Forbach mit rund 330 Einwohnern, hatte bei einer Nationalparkerweiterung weitere Wegsperrungen befürchtet und Sorge, dass der kleine Ort dann mehr oder weniger komplett vom Nationalpark eingeschlossen sei. Ein Bürgerforum, das sich ebenfalls mit der Nationalparkerweiterung befasst hatte, hatte deshalb auch Sonderregelungen für Anrainer bei der Wegekonzeption empfohlen. Entsprechende Lockerungen wurden inzwischen vereinbart.

Im Nationalpark wird es künftig an siedlungsnahen Orten Erlebnisbereiche geben. Da dürfen die Menschen sich dann auch abseits der Wege aufhalten. Für den Erfolg des Nationalparks ist es wichtig, dass die Anliegen der Anwohner ernst genommen werden, so Umweltministerin Thekla Walker (Grüne). „Gefunden wurde ein guter und pragmatischer Kompromiss, der den Bürgerinnen und Bürgern entgegenkommt, die sich seit Jahrzehnten dem Wald vor ihrer Haustür verbunden fühlen und gerne in ihm unterwegs sind.“

Waldtausch für eine Erweiterung des Schutzgebiets wird vorbereitet

Nun gilt es, die zu tauschenden Waldgebiete zu bestimmen und von Gutachtern bewerten zu lassen. Dabei geht es um den Bodenwert und den Waldbestand, es geht um Größe, Dicke und Alter von Bäumen, um Baumarten, aber auch um mögliche Störungsflächen durch Orkane. Keine ganz einfache Aufgabe. Umweltministerin Walker hat bereits betont: „Die Verhandlungen mit der Murgschifferschaft nehmen die künftigen Grenzen des Nationalparks nicht vorweg. Welche Gebiete letztlich zum Nationalpark kommen, werden Politik und Nationalparkverwaltung eng mit den Kommunen abstimmen und die Bürgerinnen und Bürger am Prozess intensiv beteiligen.“

In jedem Fall wird in diesem Jahr das zehnjährige Bestehen des Nationalparks kräftig gefeiert, am 15. und 16. Juni mit einem Bürgerfest und vielen Einblicken in die Arbeit im Nationalpark. Darüber hinaus gibt es viele Führungen und Veranstaltungen über das Jahr und im September wird ein zweites Nationalparkzentrum in Herrenwies eröffnet.

Der Nationalpark ist derzeit in zwei Teile geteilt. Foto: Nationalpark Schwarzwald

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