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Kommentar

Volksbegehren: Das Verfahren ist nicht mehr zeitgemäß

Wer mit Gesetzen der Landesregierung nicht einverstanden ist, kann ein Volksbegehren initiieren. Das ist gut so. Gut ist auch, dass mindestens ein Zehntel der Wahlberechtigten hinter so einem Begehren stehen muss. Denn es darf nicht das Ziel sein, die parlamentarische Demokratie auszuhebeln. Ein Kommentar von Stefanie Schlüter.

Das Volksbegehren „XXL-Landtag verhindern“ der FDP ist laut Verfassungsgerichtshof zulässig. Für einen Volksantrag brauchen die Liberalen rund 770.000 Unterschriften.

IMAGO/Arnulf Hettrich)

Bald werden Unterschriften für ein weiteres Volksbegehren gesammelt. Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden: Das Volksbegehren „XXL-Landtag verhindern“ der FDP ist zulässig. Das Novum: eine im Landtag vertretene Oppositionspartei sucht nun Unterstützung aus der Bevölkerung, nachdem sie sich im parlamentarischen Verfahren nicht durchsetzen konnte. Rund 770 000 Unterschriften brauchen die Liberalen für den Volksantrag.

Um was geht es? Mit dem neuen Landtagswahlrecht gibt es – wie im Bund und in den meisten Bundesländern auch – in Baden-Württemberg künftig eine Erst- und eine Zweitstimme. Eine Änderung, die längst überfällig war, wenn man auch mehr Frauen in die Parlamente bekommen will. Denn über Landeslisten haben die Parteien die Möglichkeit, Frauen und Männer im Wechsel aufzustellen.

Doch Erst- und Zweitstimme bedeuten auch, dass es – wie bei der Bundestagswahl – durch Stimmensplitting auf viele Parteien verstärkt zu Überhang- und Ausgleichsmandaten kommen könnte und damit zu einer weiteren Vergrößerung des Landtags, wie die FDP fürchtet. Sie will deshalb die Zahl der Wahlkreise nahezu halbieren – von 70 auf 38.

Ob es der FDP gelingen wird, die notwendigen Unterschriften für das Volksbegehren zusammen zu bekommen, wird sich zeigen. Gerade erst ist das Volksbegehren von Dieter Distler gescheitert, der sich ebenfalls gegen eine Vergrößerung des Landtags gewandt hatte. Er sammelte nur 128 900 Unterschriften.

In den vergangenen Jahren sind viele Volksbegehren gescheitert. Es mag sein, dass es vielen Bürgern egal ist, ob im Landtag mehr oder weniger Abgeordnete sitzen. Einen großen Anteil am häufigen Scheitern von Volksbegehren dürfte aber auch das Verfahren haben. So müssen etwa in der heutigen Zeit, wo überall von Digitalisierung gesprochen wird, die Unterschriften auf Papier gesammelt werden. Zugleich muss die jeweilige Kommune bestätigen, dass der Unterzeichner auch wahlberechtigt ist. Was hier zu tun ist, ist den Sachbearbeitern in den Kommunen auch nicht immer präsent, so die Erfahrungen. Die Musterformulare aus dem Innenministerium sind für viele Bürger zudem unverständlich. Das alles behindert eine Beteiligung an einem Volksbegehren.

Wer es mit den Beteiligungsformen ernst meint, muss in jedem Fall solche Hindernisse beseitigen. Analoge Verfahren in einer digitalen Welt sind nicht mehr zeitgemäß.

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