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Viele offene Fragen zur Person des Attentäters in Mannheim

Nachdem ein Auto in eine Menschenmenge in Mannheim gerast ist, besuchte Innenminister Thomas Strobl am Abend den Tatort.
dpa/CHROMORANGE/Michael Bihlmayer)Stuttgart. Nachdem ein 40-jähriger, mutmaßlich psychisch kranker Autofahrer, am Rosenmontag in Mannheim zwei Menschen tötete und zehn zum Teil schwer verletzte, beschäftigt der darauffolgende Polizeieinsatz und die Ermittlungen den Innenausschuss des Landtags. In einer öffentlichen Sitzung verlangten nicht nur die Abgeordneten der Opposition mehr Transparenz zum Vorgehen der Polizei und zur Person des Attentäters.
Fast zwei Stunden nahmen sich die Innenpolitiker aller Fraktionen, Innenminister Thomas Strobl (CDU) und führende Ermittler Zeit, um Rede und Antwort zu stehen. Grünen-Obmann Oliver Hildenbrand wollte unter anderem mehr über mögliche rechtsextreme Verbindungen des Mannes erfahren, der in U-Haft sitzt und sich bisher nicht äußert. Strobl wies mit deutlichen Worten Berichte zurück, wonach ein rechtsextremer Hintergrund ausgeschlossen worden sei. Dem Minister zufolge gibt es keine konkreten Hinweise, dass extremistische oder überhaupt politische Motive „tatleitend“ waren.
Sozialpsychiatrischen Dienste sind derzeit bei den Stadt- und Landkreisen angesiedelt
Zu Wortwechseln mit Abgeordneten von SPD und FDP kam es, als Strobl der liberalen Innenexpertin Julia Goll vorwarf, die Äußerung eines Ministeriumssprechers „bewusst falsch interpretiert“ zu haben. Etwa, als Goll gefragt hatte, welche Vorschläge zum Umgang mit psychisch Kranken Strobl in die Innenministerkonferenz einbringen will. Er kündigte an, zu überprüfen, ob die niederschwellige Vernetzung vor Ort neu justiert werden müsse. Auch das Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten „werden wir uns nochmals anschauen“.
Die sozialpsychiatrischen Dienste seien bei Stadt- und Landkreisen verankert. Möglicherweise gebe es Überarbeitungsbedarf. Diskutiert werden auch Fallkonferenzen für psychisch Kranke, die aus der stationären Behandlung entlassen werden. Hintergrund ist die Forderung von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der nach dem Anschlag von Aschaffenburg ein bundesweites Register psychisch kranker Menschen ins Gespräch gebracht hatte, auch um den Datenaustausch zwischen den Ländern zu erleichtern. Bisher ist eine solche Erfassung rechtlich unzulässig.
Der genaue zeitliche Ablauf der Tat ist noch nicht abschließend geklärt
Weiterhin ungeklärt ist der genaue zeitliche Ablauf am Tattag. Der Innenminister lobte erneut die aus seiner Sicht extrem kurze Interventionszeit der Polizei. Nachfragen von SPD-Abgeordneten interpretierte er jedoch als Angriff auf Einsatzkräfte. „Fragen dürfen wir nicht nur stellen, Frage müssen wir stellen“, konterte auch der SPD-Fraktionsvize Sascha Binder scharf, „wenn das nicht mehr erlaubt, bin ich irritiert.“
LKA-Präsident Andreas Stenger gab Einblicke in das „akribische Vorgehen“. Ein wesentlicher Aspekt der Ermittlungen sei das Verhalten in der Vor-Tat-Phase an Hand von Handydaten, Funkzellen und Tankvorgänge, von gehörter Musik und von Zusammentreffen zu beleuchten. „Und wir wollen das ganze soziale Umfeld erhellen“, so Stenger. Das sei eine „unheimliche Detailarbeit“.
Der Landschaftsgärtner aus Ladenburg war am Rosenmontag mit seinem Auto Hunderte Meter weit durch die Mannheimer Fußgängerzone gerast und absichtlich auf Menschen zugefahren. Eine 83-jährige Frau und ein 54-Jähriger kamen ums Leben. Strobl teilte am Montag auch mit, dass der Mann nicht nur eine Schreckschusswaffe besessen hatte, mit der er sich bei der Festnahme in den Mund schoss. Bei der Durchsuchung sei auch ein Gasdruckgewehr sichergestellt worden. Es gebe keine waffenrechtliche Erlaubnis. Sowohl bei der Schreckschusspistole als auch beim Luftgewehr handle es sich aber um erlaubnisfreie Waffen, so der Innenminister weiter, „sofern sie nicht geführt würden.“
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