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Unternehmer loben Regierung für Sprachförderung
Stuttgart. „Wir haben uns gemeinsam auf den Weg gemacht und für unsere Kinder das Beste gegeben“, sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz im Landtag. Gemeint ist die Einigung mit dem Koalitionspartner CDU zur verbindlichen Sprachförderung vor dem Schuleintritt und in den ersten Klassen. „Historisch“ heißt das Selbstlob und: „Die beste bildungspolitische Entscheidung seit 13 Jahren.“
Eine gemeinsame Sitzung der beiden Regierungsfraktionen ist früher vorüber als geplant, es gibt harmonische Statements der Spitze vor den Medien, sogar sonst eher selten selten genutzte Vokabel wie Stolz fallen. „Sprache ist der Mutterboden für Aufstieg und Teilhabe“, ergänzt CDU-Landes- und Fraktionschef Manuel Hagel, der die Handlungsfähigkeit der Koalition rühmt. Kultussekretär Volker Schebesta (CDU) verspricht, dass das beschlossene Fünf-Säulen-Konzept „Sprach-Fit“ schnell und flächendeckend die Kitas erreicht.
Für das Programm geht die Koalition im kommenden Doppelhaushalt von Kosten in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr aus. Im Beschuss der Fraktionen heißt es, man werde die notwendigen Ressourcen bereitstellen. Das Paket soll in den kommenden Jahren Schritt für Schritt umgesetzt werden. Erste Maßnahmen sollen dem Konzept zufolge im kommenden Schuljahr greifen. Der Endausbau ist demnach für das Jahr 2028/2029 vorgesehen.
Erst einmal allerdings ist kein zusätzliches Geld vorhanden für die neue Sprachförderung im letzten Kitajahr und den Ausbau des frühkindlichen Sprachunterrichts insgesamt. Ebenso wenig für die bereits im Februar erstmals vorgestellten Juniorklassen, die für Kinder eingerichtet werden, die sprachlich noch nicht reif für die Grundschule sind. Dasselbe gilt für mehr „Lernen mit Rückenwind“ oder den Einsatz multiprofessioneller Teams. Deshalb wird zum Schuljahr 2024/2025 umgeschichtet.
Fast zwei Jahrzehnte nach der Einführung läuft das Projekt „Schulreifes Kind“ aus, das – zumindest auch – die Sprachkompetenzen stärken sollte. Zahlreiche der rund 200 Standorte werden in den Genuss umgewidmeter Mittel kommen, vor allem wenn viele Kinder mit Migrationshintergrund betreut und unterrichtet werden. Andere müssen ab Herbst auf die Förderung jedoch verzichten. Die Auswahl findet nach Angaben von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) in den kommenden Wochen statt.
Schon seit Ende der Neunziger-Jahre wird in Baden-Württemberg über einen Ausbau der Sprachförderung diskutiert. Mit der Einführung von Eingangsuntersuchungen 2008 im vorletzten Kita-Jahr wurde bekannt, dass rund ein Drittel aller Kinder Sprachförderbedarf haben. In den von Erwin Teufel, Günther Oettinger und Stefan Mappus geführten CDU/FDP-Landesregierungen wurden zwar viele Modelle entwickelt, nie allerdings wollte das Land eine Verpflichtung aussprechen, weil die auslöst, dass die Fördermaßnahmen finanziert werden müssen.
Schopper geht davon aus, dass von den zusätzlichen Maßnahmen vor der Einschulung ab kommendem Herbst rund 450 der rund 4200 im Land bestehenden Kita-Gruppen profitieren werden. Im Endausbau in drei Jahren und damit von einer künftigen Koalition müssen dann Jahr für Jahr 100 Millionen Euro investiert werden.
Wenig freundlich ist eine erste Reaktion auf die Beschlüsse aus der FDP-Fraktion. „Statt den Bildungsbereich immer weiter zu verunsichern, sollen die Landesregierung und die Regierungsfraktionen endlich für Klarheit sorgen, wie das so dringend notwendige Sprachförderpaket konkret ausgestaltet wird“, verlangt der Sprecher für frühkindliche Bildung der Liberalen, Dennis Birnstock. Stattdessen habe es „mit der groß angekündigten Fraktionssitzung von Grünen und CDU wieder viel Wind um Nichts gegeben“.
Ganz andere Töne kommen aus der Wirtschaft, denn diese begrüßt das vorgelegte Konzept. „Nach den desaströsen Ergebnissen baden-württembergischer Schülerinnen und Schüler in den letzten Schulleistungsstudien ist der Handlungsdruck weiter gestiegen“, so Stefan Küpper, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW),“endlich zeigt die Landesregierung eine gute Reaktion.“