Über der Grasnarbe
Besser hätte es nicht laufen können. Nicht für Christian Lindner, nicht für die FDP. Das wurde am Sonntag klar. Da gab der Ex-Finanzminister bekannt, warum er sich so zielsicher ins politische Abseits katapultiert hat. Er braucht Zeit für sich und seine Familie. Christian Lindner wird Vater!
Das Kind kommt im Frühjahr zur Welt, also rechtzeitig, um einen nahtlosen Übergang ins neue Leben zu ermöglichen – mit neuen Herausforderungen wie wickeln und füttern. Und Bücher schreiben, jagen, fischen, imkern. Dies zumindest hat Lindner sich vorgenommen, wenn er die „Care-Arbeit“ übernimmt, damit seine Frau wieder arbeiten kann, was beweist, dass zumindest bei Lindners daheim die Fortschrittskoalition noch hält.
Ein anderer Anglizismus dagegen ist tabu. Das Wort „D-Day“ wurde mit sofortiger Wirkung aus dem liberalen Sprachschatz gestrichen. Wer eingesteht, das Wort schon einmal gehört zu haben, muss sich vom Acker machen. Seinen Job übernimmt ein Parteifreund aus dem schier unerschöpflichen Heer arbeitsloser Minister und Staatssekretäre.
Ein anderer könnte jetzt groß herauskommen. Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, gilt, was die D-Wort-Affäre angeht, als unbelastet. Er hielt immer Abstand zu Potsdam, wo offenbar alle tagen, die etwas ausbrüten, das das Licht der Welt besser nicht erblickte. Außerdem verfügt Rülke eigenen Angaben zufolge über einen Intelligenzquotienten oberhalb der Grasnarbe. Was man im Lichte der Ereignisse des Herbstes der Entscheidungen nicht mehr von jedem Liberalen behaupten kann.