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Tempo ist keine Hexerei
Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger. Getreu diesem Motto hat Bahnchef Lutz jetzt ein Papier aus dem Hut gezaubert. Darin verspricht er, dass 2027 drei von vier Fernzügen pünktlich sein werden. Eine fabelhafte Quote, wenn man bedenkt, dass derzeit nur 62 Prozent dieses und beileibe nicht alle überhaupt ein Ziel erreichen. Viele werden kurzfristig gestrichen, einmal hatte ein ICE sagenhafte 344 Minuten Verspätung.
Doch die Sterne standen noch nie so günstig. Erstens endete vor wenigen Tagen die Ära von GDL-Chef Claus Weselsky. Der nervigste aller Gewerkschafter, der Mensch gewordene Bremsklotz, ging in den Ruhestand. Zweitens hat der Chef der weitaus größeren, aber viel unbekannteren Konkurrenzgewerkschaft EVG, Martin Burkart, einen epochalen Vorschlag gemacht. Die ICE sollten ihr Tempo drosseln, dann kämen sie pünktlicher ans Ziel.
Man müsste, wie man vielleicht ergänzen darf, nur die Fahrpläne geringfügig anpassen, sodass sie mit dem neuen Tempo Schritt halten. Länder wie Rumänien, in denen Schnellzüge mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit weniger als 50 km/h verkehren, verfügen über das entsprechende Know-how.
Nur eines hat Burkart nicht bedacht. Je schneller wir reisen, desto langsamer vergeht die Zeit. Wer mit Lichtgeschwindigkeit reist, dessen Uhr bleibt praktisch stehen. Und wer noch schneller ist, reist in die Vergangenheit. Sollte sich Einsteins Relativitätstheorie bei der Bahn herumsprechen, wären alle Verspätungen aufzuholen – und selbst die Eröffnung von Stuttgart 21 zum ursprünglich geplanten Termin im Dezember 2019 keine Hexerei.