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Tauziehen um die Landtagsverwaltung
Stuttgart. Es geht um Grundsätzliches. Und das macht sich manchmal an Kleinigkeiten fest. Die Landtagsvizepräsidenten sind so ein Symbol. Ihre Bedeutung ist überschaubar, die Zahl der öffentlichen Termine ebenfalls. Dafür hat jeder einen Dienstwagen der Oberklasse, einen Referenten und eine Assistenz.
Während also ein vor allem repräsentatives Amt bestens ausgestattet ist, wird in der Verwaltung des Landtags um jede Stelle gerungen – so hört man es bisweilen in der Mitarbeiterschaft. Zunächst gibt es ein intensives Tauziehen um die Frage, wie viel Personal die Landtagsverwaltung zusätzlich für den Doppeletat 2025/26 bewilligt bekommt.
Die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) forderte zunächst 29,5 Stellen für Digitalisierung, die steigende Zahl von Anfragen von den Abgeordneten erhöhten juristischen Beratungsbedarf etwa wegen der AfD-Fraktion. Aras verweist auch auf höhere Besucherzahlen: „Wir haben statt früher 30 000 jetzt 47 000 Besucher pro Jahr.“ Auch gebe es inzwischen jährlich 10 000 Drucksachen, ein Viertel mehr als vor zehn Jahren. Zwei Stellen sind für Veranstaltungen für die Stärkung der Demokratie und die Sichtbarmachung jüdischen Lebens vorgesehen.
Doch die Forderungen stießen bei den Fraktionen auf breite Ablehnung. Inzwischen kursiert ein Papier, wonach sich CDU, Grüne und SPD auf fünf zusätzliche Stellen plus einige Halbtagskräfte geeinigt haben sollen, selbst das ist bei Grün-Schwarz noch strittig, heißt es. Und die FDP soll ausscheren aus dem Konsens mit Grünen, CDU und SPD, hört man: Sie hält mehr Stellen für unnötig.
Deutlich mehr Stellen, aber auch mehr Aufgaben im Landtag
Aktuell sind 229 Planstellen für den Landtag ausgewiesen. Seit 2016 ist ein Anstieg um 43,6 Prozent zu verzeichnen, die Personalausgaben stiegen im selben Zeitraum sogar um 56,5 Prozent, so der Rechnungshof in seinem Bericht von 2022. Dieser urteilt, die Aufstockungen „decken sich grundsätzlich mit dem in den Untersuchungen ermittelten Mehrbedarf und sind daher nicht zu beanstanden“.
Allerdings mahnen die Prüfer Sparsamkeit und Effizienz an, vor allem bei der IT-Infrastruktur. Noch grundsätzlicher ist die Frage, wie man mit der Verbeamtung von Parlamentarischen Beratern umgehen soll. 81 Stellen haben sich die Fraktionen dafür bewilligt, seit 2017 ist das ein deutlicher Anstieg um 26 Posten. Genutzt werden sie vorwiegend durch parteinahes Personal. Ein Jobanreiz ist dabei sicherlich der Beamtenstatus.
Allerdings sind nur 37 Prozent dieser Beamtenstellen auch besetzt. Die Fraktionen nutzen gerne die Option, lediglich das Geld dafür zu erhalten, und nach eigenem Ermessen Personal einzustellen. Der Rechnungshof fordert, dass diese Berater direkt bei den Fraktionen angestellt werden und dass die Zahl der Stellen wieder auf 40 reduziert wird.
Eskaliert ist der Konflikt, als der Personalrat die Beförderung eines den Grünen nahestehenden Mitarbeiters verweigert hat. In einem Schiedsverfahren machte ein ehemaliger Verfassungsrichter rechtliche Bedenken an der Konstruktion des Parlamentarischen Beratungsdienstes geltend.
Nun liegt ein Gutachten des Tübinger Verwaltungsrechtsprofessors Martin Nettesheim vor, das diese Zweifel untermauert. Er fordert, die Berater zentral anzudocken: „Es ist verwaltungsrechtlich nicht zulässig, Bedienstete des Parlamentarischen Beratungsdienstes einzustellen und den Fraktionen zuzuweisen, ohne dass eine Einheit existiert, in der die Stellen grundsätzlich angesiedelt sind.“ Auch müsse die fachliche Eignung nachgewiesen werden und das Leistungsprinzip gelten. Nur dann könne die bundesweit einmalige Regelung weiter Bestand haben.
Die dritte Abteilung in der Landtagsverwaltung ist umstritten
Nachwehen gibt es auch um einen personellen Missgriff der Landtagspräsidentin. Sie schuf 2021 eine dritte Abteilung namens „Grundsatz und Kommunikation“ in ihrer Verwaltung. Und beförderte den ehemaligen grünen Stuttgarter Kommunalpolitiker und ihren Büroleiter Martin Ruoff dorthin. Ruoff wechselte anschließend rasch als Referatsleiter ins Sozialministerium.
Seither führt Ioanna Papadopoulou die Abteilung, die Juristin kam aus dem Sozialministerium. Der Rechnungshof rät zu prüfen, ob wirklich drei Hierarchieebenen nötig sind. Aras verweist darauf, dass nur drei Stellen zusätzlich in der Abteilung geschaffen wurden, der Rest wurde aus anderen verschoben. Die Landtagspräsidentin will nun vermitteln im Streit und Lösungen suchen.
Wie andere Parlamente den Beratungsdienst handhaben
Im Gutachten des Tübinger Professors Martin Nettesheim wird darauf verwiesen, dass im Bundestag und den meisten anderen Ländern der Parlamentarische Beratungsdienst parteipolitisch neutral sei und die „objektiv-sachliche epistemische Beratung des Parlaments“ gewährleiste. Das Modell in Baden-Württemberg ist die Ausnahme. Grundsätzlich sei das verfassungskonform, aber die Einstellung soll über die Verwaltung nach objektiven Kriterien erfolgen.