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Anton Baron: „Wir werden in unserer Partei keine Verfassungsfeinde dulden“
Staatsanzeiger: Herr Baron, Sie wurden in Kasachstan geboren, Ihre Mutter ist Russin, Ihr Vater Russlanddeutscher. Wie schauen Sie auf den Ukraine-Krieg?
Anton Baron: Das ist schon schlimm, was da passiert, dass sehr viele junge Menschen für nichts und wieder nichts sterben. Klar ist, dass ich diesen Angriffskrieg verurteile – als Politiker wie als Mensch. Doch wir als AfD vertreten deutsche Interessen, wir vertreten keine amerikanischen Interessen, keine russischen Interessen und vor allem auch keine chinesischen Interessen. Es ist ja auch in gewisser Weise ein Stellvertreterkrieg. Ich glaube, wir müssen uns heraushalten, weil sonst die Gefahr besteht, dass wir in diesen Krieg hineingezogen werden.
Noch nie stand die AfD in Umfragen so gut da wie heute. Ist das in erster Linie das Verdienst Ihrer Partei oder die Schwäche der anderen?
Ich denke, die Menschen merken immer mehr, dass diese Klimaschutzpolitik extrem viel Geld kostet und dass sie unheimlich stark belastet werden. Sie wollen auch in Zukunft frei entscheiden, welche Heizung sie einbauen und welches Auto sie fahren dürfen. Das trauen sie nur noch uns zu.
Heißt das, Sie leugnen den Klimawandel?
Nein. Die Frage ist jedoch: Was ist davon menschengemacht? Und hilft eine isolierte deutsche Klimaschutzpolitik, wenn alle anderen Staaten einfach so weitermachen wie bisher? Zumal bei einer weiter steigenden Weltbevölkerung. Wenn wir auf Öl und Gas verzichten, geht das in andere Länder und wir büßen unsere Wettbewerbsfähigkeit ein.
Die Brandmauer bei den anderen Parteien scheint zu bröckeln. Gehen Sie 2024 von einer Regierungsbeteiligung in den ostdeutschen Ländern aus?
Ich denke, die AfD wird so stark sein, dass kaum mehr ein Weg daran vorbeiführt. Die CDU wird sich die Frage stellen müssen: Koalieren wir mit der Linken? Das wird sie ziemlich in Schwierigkeiten bringen, auch innerparteilich.
In Baden-Württemberg ist die CDU ja, zumindest was die Landesebene betrifft, nicht zu einer Zusammenarbeit bereit. Wie sehen Sie Ihre Chancen, nach der nächsten Landtagswahl im Südwesten mitzuregieren?
Bis 2026 sind es ja noch ein paar Jahre. Unser Ziel ist natürlich, stärkste Kraft zu werden. Aber auch in Baden-Württemberg stellt sich die Frage: Will sich die CDU langfristig von linken Parteien abhängig machen? Oder will sie bürgerlich-konservative Politik machen?
Wenn Sie sich die aktuelle Landesspitze anschauen: Sehen Sie bei der CDU jemanden, der dazu bereit wäre?
Bislang noch nicht. Aber im Osten gibt es schon Anzeichen. Der sächsischer Ministerpräsident Michael Kretschmer schließt eine Koalition mit der AfD nicht aus. Ich glaube, bei der Basis brodelt es. Das gilt auch für die FDP. Das könnte am Ende entscheiden.
Jörg Meuthen, der einmal Ihr Fraktionschef war und dem Sie kurzzeitig in die gemäßigtere ABW folgten, hat bei seinem Austritt aus der AfD gesagt, dass Teile der Partei verfassungsfeindlich seien. Hat er damit Recht?
Wir haben die strengsten Aufnahmeverfahren. Wer einmal in einer extremistischen Partei war, etwa der NPD, darf bei uns nicht Mitglied werden. Solche Leute gehen eher in die CDU oder in die FDP. Wir werden keine Verfassungsfeinde in unserer Partei dulden. Was Meuthen angeht: Man kann aus einer Partei austreten. Aber dieses Nachtreten finde ich schon sehr ärgerlich.
Irmhild Boßdorf, die beim Europaparteitag der AfD in Magdeburg auf Rang neun gelandet ist, fordert eine millionenfache Remigration. Ist dies mit dem Grundgesetz und der dort garantierten Würde des Menschen vereinbar?
Das ist eine Stilfrage. Ich würde das so nicht verwenden. Aber warum soll das nicht verfassungskonform sein? Remigration bedeutet: Wer keine Aufenthaltsgenehmigung hat, muss abgeschoben werden. Wir haben allein in Baden-Württemberg 30 000 Personen, die nur geduldet, also eigentlich ausreisepflichtig sind und die nicht abgeschoben werden. Das ist der eigentliche Skandal.
Wenn man diese Zahl auf Deutschland hochrechnet, kommt man aber kaum auf Millionen. Sollen auch alle anderen Ausländer rausgeschmissen werden?
Nein, gut integrierte Migranten sind nicht gemeint. Das wollen wir nicht tun, das geht auch gar nicht. Das wäre tatsächlich mit der demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.
Was halten Sie von diesem Satz, der ebenfalls auf dem Parteitag fiel: „Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann?“
Das hat Björn Höcke gesagt. Aber wissen Sie, was er im Satz davor gesagt hat: „Wollen Sie etwas richtig Populistisches hören?“ Das war natürlich provokativ gemeint. Wir wollen die Kompetenzen der EU wieder auf nationale Ebene zurückführen. Darauf hat sich die Partei in Magdeburg geeinigt. Ein Dexit wäre nicht mehrheitsfähig.
Muss sich die AfD nicht stärker gegen Rechts abgrenzen, um aus dem Fokus des Verfassungsschutzes zu kommen? Allein schon deshalb, weil ansonsten wohl niemand mit Ihnen koalieren dürfte?
Es ist ja offensichtlich, dass mittlerweile der Verfassungsschutz missbraucht wird, um einen politischen Wettbewerber zu diskreditieren. Das kann doch keiner mehr ernst nehmen. Wenn es wenigstens irgendwelche Belege für diese Behauptungen gäbe. Regierungskritik an sich kann ja wohl nicht extremistisch sein. Wo kommen wir da hin?
Sehen Sie die Gefahr, dass die AfD verboten wird?
Ich denke, da sind die Hürden zu hoch. Diese Diskussion ist auch nicht zielführend. Sie zeigt die Schwäche der anderen, die uns argumentativ nicht stellen können. Und es würde ja eher bestätigen, was ich schon lange denke: dass diese Parteien sich den Staat zur Beute gemacht haben.
Muss eigentlich jede oder zumindest jede zweite AfD-Rede im Landtag einen Verweis auf die Flüchtlinge enthalten, die angeblich an allem schuld sind?
Ich denke, Horst Seehofer hat eines richtig erkannt. Die Migration ist die Mutter aller Probleme. Das fängt bei der Kriminalität an, hört aber damit längst nicht auf. Es herrscht Wohnungsnot, man muss immer länger auf einen Arzttermin warten und die Schulen stoßen an ihre Grenzen. All dies hängt zusammen. Wir haben viel zu viele Schüler, die kein Deutsch sprechen. Das kann nicht funktionieren. Wir sind die Partei, die nicht drumrum redet, sondern die Ursachen klar benennt. Und ich glaube, das ist auch ein Punkt, warum wir bei den Umfragen so gut dastehen.
Sie gehen im Herbst in Klausur. Was steht noch auf der Tagesordnung?
Wir fordern die Abschaffung der Grunderwerbsteuer und wollen eine Änderung der Landesbauordnung angehen. Bauen muss wieder bezahlbar werden. Wir möchten es allen Schichten ermöglichen, Wohneigentum zu erschwinglichen Preisen zu erwerben, weil Wohneigentum vor Altersarmut schützt. Außerdem machen wir uns große Sorgen um den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Wir sagen ganz klar: Wir müssen alles ans Netz bringen, was möglich ist. Auch die Kernenergie. Der Rückbau von Neckarwestheim II muss gestoppt werden. Wir brauchen spätestens im Winter wieder jegliche Form von Energie.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Wohin fahren Sie in Urlaub?
Erst einmal gar nicht. Ich werde die Klausur vorbereiten. Im Oktober geht es nach Portugal. Ich war aber schon weg – aus familiären Gründen. Wir haben Verwandte in Kanada. Die haben in der Karibik geheiratet und wir waren eingeladen.
Das Gespräch führte Michael Schwarz