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Andreas Schwarz: Ein Mann, der das Schließen von Bündnissen früh gelernt hat
Kirchheim unter Teck. „Bei der EU-Wahl haben wir ein dickes blaues Auge kassiert.“ Der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz beschönigt nicht. Er sitzt auf einer Bank im Schulhof des Schlossgymnasiums in Kirchheim unter Teck, wo er sein Abitur gemacht hat. Daneben spielen ein paar Jugendliche Fußball. Für Schwarz ist wichtig, den Menschen zuzuhören, ein Gespür für die Sorgen und Anliegen der Menschen zu haben. Dennoch ist sein Ziel klar: Die Grünen sollen auch nach der Landtagswahl 2026 wieder den Ministerpräsidenten stellen. Auch wenn dieser nicht mehr Winfried Kretschmann heißen wird, da der nicht mehr antritt.
Andreas Schwarz hat das Schlossgymnasium in Kirchheim nicht ohne Grund für das Treffen gewählt. Es ist seine alte Schule und der Ort, wo für ihn die Grundlagen gelegt wurden, sich politisch zu engagieren. Also der Ort, wo alles begann. Und seine alte Schule, die zwischen zwei Wasserläufen liegt, bedeutet ihm bis heute viel. Schwarz war jahrelang in der SMV tätig und viele Jahre Schülersprecher.
Vom Kampf um den Computerraum bis zum Digitalpakt heute
Eine Zeit, die Schwarz geprägt hat. „Wir haben damals die Schule als Lebensraum mitgestaltet“, sagt er. Etwa den Computerraum, den Rektorin Lucia Heffner extra für den Besuch aufschließt. In seiner Schulzeit war der Raum außer zu den Unterrichtsstunden in Informatik verschlossen. Das hat die SMV damals geändert. „Wir wollten da rein“, so Schwarz. Die SMV hat dafür gekämpft, dass jeder Schüler eine E-Mail-Adresse bekam und sich gegen Eintrag in eine Liste außerhalb der Schulstunden den Schlüssel bei der Schulleitung holen konnte.
Grundsätzlich hat sich an dem Raum im Lauf der Jahre gar nicht so viel verändert, auch wenn die alten Röhrenbildschirme längst gegen moderne Flachbildschirme ausgetauscht wurden. Wo er denn immer gesessen habe? In der ersten Reihe, sagt der Grünen-Politiker. Heute treibt ihn eine verbesserte digitale Infrastruktur für die Schulen um, der Digitalpakt und auch die Notwendigkeit von Stellen an den Schulen, damit die digitalen Geräte auch gewartet und die Software aktuell gehalten wird. Und es geht um Medienkompetenz, das Unterrichten im digitalen Zeitalter.
Ein zweites Projekt, das auf seine Zeit in der SMV zurückgeht, liegt im Erdgeschoss. Damals wurde der Samstag unterrichtsfrei. Das bedeutete auch mehr Nachmittagsunterricht. „Wir wollten einen Raum, wo man seine Mittagspause gestalten konnte“, so Schwarz. Unterstützung erhielten sie vom Chemielehrer. Immerhin hatte der eine Herdplatte und einen Bunsenbrenner zur Verfügung. „Wir haben Geld eingesammelt, beim Bürgermeister, bei den Gemeinderäten, bei den Unternehmen“, erinnert sich Schwarz. Denn schließlich brauchte man ja Tische und Stühle für die Cafeteria. Und plötzlich roch es in der Mittagspause nach Basmatireis und Gemüse in der Schule. Erst einige Jahre später wurde ein Programm aufgelegt, mit dem der Bund den Bau von Mensen unterstützt hat. Heute ist eine Mensa aus einer Schule nicht mehr wegzudenken. „Wir waren unserer Zeit voraus“, lacht Schwarz.
„Das Engagement in der SMV ist wie ein Studium generale“, so Schwarz. Man lernt zu verhandeln, Bündnisse einzugehen. Daraus entwickelt sich dann auch bei Schwarz bereits im Alter von 16 Jahren das Engagement im Jugendgemeinderat der Stadt. Und dort entwickelte er seine Fähigkeiten weiter: Man braucht in der Politik einen klaren Plan, Ziele, Meilensteine und Bündnispartner, lernte er schnell. Denn Geld ist immer knapp. Nur mit guten Argumenten kann man seine Vorhaben auch umsetzen.
1999 kandierte er auch für den Gemeinderat. Prägend für ihn war auch, dass er 1995 Wahlmann bei der Wahl von Bundespräsident Johannes Rau (SPD) in Berlin war. Bei der letzten Bundestagpräsidentenwahl sorgte er dann auch dafür, dass ein Ticket an einen Jugendgemeinderat aus Nürtingen abgegeben wurde.
Auch das Schmieden von Bündnissen hat Schwarz früh geübt. So wie er sich jetzt immer wieder mit Manuel Hagel von der CDU über Koalitionsthemen verständigt, schloss er in seinen politischen Anfangsjahren bei den Grünen ein Bündnis mit dem damaligen Kreisvorsitzenden der Jungen Union, Michael Blume. Gemeinsam konnten sie in Schulen mit den Schülern diskutieren. Einer allein wäre einseitig gewesen und hätte diese Möglichkeit nicht bekommen. Und auch als Fraktionsvorsitzender, der die 58-köpfige Grünen-Fraktion zusammenhalten muss, kommt ihm seine Fähigkeit zuzuhören, Argumente zu suchen, zu verhandeln und Kompromisse zu finden zu Gute.
Einsatz für ein E-Auto, „das bei uns entwickelt und produziert wird“
Warum er zu den Grünen gegangen ist? Sie seien damals aufgeschlossen gewesen für Jugendbeteiligung und hätten viele Themen angesprochen, die ihn auch bewegt hätten, etwa wenn es um Radwege oder Anrufsammeltaxis ging, um spät abends als Jugendlicher noch nach Hause zu kommen. Themen die ihn auch in seiner ersten Legislaturperiode im Landtag noch beschäftigt haben: als verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Auch heute hält er die E-Mobilität für einen Gamechanger. Es sei die Möglichkeit, den Autoverkehr klimafreundlich zu machen. Denn „die Menschen werden auch weiter mit dem Auto unterwegs sein“, macht sich der 44-jährige keine Illusionen. Der passionierte Rennradfahrer setzt sich deshalb neben dem Ausbau des ÖPNV und des Radwegenetzes auch für ein E-Auto der Zukunft ein, „das bei uns entwickelt und produziert wird“. Persönlich ist er gerne mit dem Rad unterwegs, dabei kann er auch entspannen. Mit seiner Rennrad-Gruppe geht es auch in diesem Sommer wieder Richtung Italien: Fünf Alpenpässe haben sie sich vorgenommen. Und dafür hofft Schwarz auf gutes Wetter.
Schwarz ist längst zum Politprofi geworden. 1999 wurde er als jüngster Stadtrat in den Gemeinderat gewählt, 2016 auch als jüngster verabschiedet, obwohl er damals zugleich einer der Dienstältesten war.
„Mit Weitsicht und Verstand“ hat er auf seiner Homepage die Angaben zu seiner Person überschrieben. Ein Motto, das ihn auch prägt. Denn er ist nicht der Mann, der anderen nach dem Mund redet, auch niemand, der sich von Buhrufen und Ablehnung beeindrucken lässt, wenn er etwas für nicht machbar hält. Das zeigte sich beispielsweise im vergangenen Jahr im Bierzelt auf dem Wasen. Die Wirte forderten, dass die Mehrwertsteuer nicht wieder von 7 auf 19 Prozent erhöht werden dürfe. Seine Vorredner aus anderen Fraktionen stimmten ihnen zu. Schwarz hingegen kassierte die Buhrufe und erklärte, dass angesichts der Kassenlage eine solche Forderung nicht umsetzbar sein.
Ein weiteres Kennzeichen der Politik des Wirtschaftsjuristen und Masters of Business Administration, der zuletzt bei der Region Stuttgart gearbeitet hat, bevor er 2011 in den Landtag gewählt wurde: die Möglichkeiten ausloten, Entscheidungen zu erklären. Großen Wert legt er auch auf die von Kretschmann etablierte Politik des Gehörtwerdens.
Dann wird es Zeit zum Aufbruch. Es steht noch ein Termin mit Ministerpräsident Kretschmann an, bei dem er pünktlich sein will. Vorher schnell auf Bitten des Fotografen noch ein kleines Fußballspiel mit den Schülern. „Ich bin ein schlechter Fußballspieler“, sagt Schwarz. Bei einer Körpergröße von 2,01 Metern spielte er früher lieber Basketball.